(ots) - Nein, der deutsche Film hat kein Problem. Er
taugt bloß nicht für den Wettbewerb.
Bei der Berlinale, dem wichtigsten deutschen Filmfestival, stellt
sich ein einziger heimischer Beitrag dem internationalen Vergleich.
Das ist ungefähr so, als hätte Deutschland zur nächsten
Leichtathletik-WM nur einen Athleten gemeldet. Der trudelt unter
ferner liefen ins Ziel, und danach ist die WM für uns vorbei.
Eintrudeln, Schulterklaps, Abreise: So wird es uns mit »24 Wochen«
gehen. Zwar hat Monika Grütters den Film vorab hoch gelobt, aber das
muss sie, sie ist Kulturstaatsministerin. »24 Wochen« habe »viel
Potenzial« (?), sei »sehr, sehr gut gespielt« (hat man ihr erzählt)
und »sehr spannend« (es geht um Pränatale Diagnostik). Monika
Grütters pfeift im Walde, aber so laut kann sie gar nicht pfeifen,
dass man die unfrohe Botschaft überhörte: Der deutsche Film taugt
nicht für den Wettbewerb.
Dafür gibt es Gründe: - zu geringe Fördersummen: gut 300 Millionen
Euro für den Film, aber 2,6 Milliarden für Theater und Orchester
(nicht einmal mit europäischen Rivalen kann sich Deutschland
messen) - zu viele Förderer: 19 Institutionen von Bund und Ländern
balgen sich um die Auswahl - Wahl der falschen Empfänger nach der
Faustregel: Was gefördert wird, will der Kinogänger nicht sehen, was
aber beim Publikum ankommt, erhält kein Geld - Begünstigung einiger
weniger Produktionsfirmen, die fast Monopolstellung erlangt haben
(was zu Lasten der Qualität geht).
Aber auch das Festival greift fehl. Wiederholt hat die Berlinale
Erfolgsfilme, wie »Das Leben der Anderen«, schlicht übersehen. Oder
man zögerte mit der Garantie auf einen Startplatz im Wettbewerb -
also ging Nicolette Krebitz mit »Wild« jetzt zu Robert Redfords
Sundance-Festival und ließ sich dort groß feiern.
Moment mal: Berlin widmet sich doch dem Widerstand gegen Hitler!
Einem urdeutschen Thema! Deutsche Romanvorlage! Aber Schweizer
Regisseur. Englische und irische Schauspieler. Auf Englisch. Denn
für ein deutschsprachiges Drehbuch wollten die Fernsehsender, die
jeden Kinofilm auf seine Vermarktungschancen abklopfen, kein Geld
geben, und deswegen ist »Jeder stirbt für sich allein« nach Hans
Fallada nun kein deutscher Beitrag.
Unglücklich gelaufen. Die Berlinale übrigens läuft unter dem
Motto »Recht auf Glück«. In den USA kennt man den pursuit of
happiness, das Streben nach Glück, was aber immer mit Anstrengung
verbunden ist. Dieter Kosslick hingegen, der die Berlinale leitet,
will im »Recht auf Glück« auch das Recht auf Heimat eingeschlossen
wissen, das Recht auf Liebe, Arbeit, Selbstachtung, Leben und
Überleben, und überhaupt: Migration! Ein wichtiges Thema.
Hört sich nach einem politischen Seminar an. Furchtbar. Wir
wollten doch bloß Filme gucken.
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Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
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