(ots) - Journalisten sind Lotsen in einem immer
komplexer werdenden Informationsdschungel: Sie müssen aus einer
Vielzahl an Nachrichtenquellen Informationen filtern, bewerten und
auf unterschiedlichen Kanälen weiter verarbeiten. Im
Forschungsprojekt »News-Stream« entwickeln das Fraunhofer IAIS und
Neofonie zusammen mit Deutsche Welle und dpa neue Recherche- und
Analysetools: Mit wenigen Klicks können Journalisten tausende Inhalte
aus Videoplattformen, RSS-Feeds, Medienarchiven oder sozialen Medien
auf dem Bildschirm thematisch bündeln und sich in Echtzeit über
aktuelle Ereignisse informieren. Auf der CeBIT stellen die
News-Stream-Experten erste Ergebnisse und Anwendungsbeispiele vor.
Am Stand des Bundesministeriums für Bildung und Forschung BMBF auf
der CeBIT (Halle 6, A34) erfahren Interessierte am Nachbau eines
Redakteurs-Arbeitsplatzes, wie News-Stream funktioniert. Die neuen
Werkzeuge zur Unterstützung von journalistischen Arbeitsabläufen
basieren auf Big-Data-Technologien, die heterogene Nachrichtenströme
in Echtzeit analysieren. Für Journalisten, Agenturen und
Pressestellen soll durch News-Stream sowohl die Recherche, die
Themen- und Medienbeobachtung als auch die Erstellung von
Nachrichtenartikeln leichter werden.
Das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und
Informationssysteme IAIS und der Berliner Datenspezialist Neofonie
sind für die Entwicklung der technischen Infrastruktur
verantwortlich. Die Deutsche Presse-Agentur dpa mit ihrer Tochter
dpa-infocom und die Deutsche Welle bringen Anforderungen und
Anwendungsfelder aus der journalistischen Praxis in das vom BMBF
geförderte Projekt mit ein.
»Journalisten brauchen Orientierung und Hilfsmittel zur
Bewältigung der Informationsflut, um ihre Kernaufgaben zu erfüllen
und die Bevölkerung verlässlich und transparent zu informieren. Die
News-Stream-Technologien helfen, nicht nur Texte, sondern auch
audiovisuelle Inhalte zu strukturieren und durchsuchbar zu machen«,
sagt Joachim Köhler, Abteilungsleiter NetMedia am projektleitenden
Institut, dem Fraunhofer IAIS.
Anwendungsbeispiele
Die News-Stream-Tools unterstützen Journalisten bei investigativen
Recherchen, sparen ihnen wertvolle Zeit beim Screening von
politischen Debatten und liefern neue Möglichkeiten, Text mit Audio
und Film zu verknüpfen. Viele Nutzungsszenarien sind bereits in dem
Forschungsprojekt entstanden und werden ständig weiter entwickelt.
Drei Beispiele:
Szenario 1: Eine Journalistin möchte prüfen, inwiefern
deutschsprachige Medien die Pressemitteilungen von Konzernen eins zu
eins übernehmen, ohne eigene Rechercheinhalte beizusteuern. Sobald
der Algorithmus ein Muster der Textübernahme findet, kann sie sich
die entsprechenden Stellen anzeigen lassen.
Szenario 2: Im Wahlkampf müssen Journalisten lange
Parlamentsdebatten auf dem Bildschirm verfolgen. Der Redakteur kann
sich immer dann benachrichtigen lassen, wenn in einer Live-Sendung
ein wichtiger Protagonist das Wort ergreift oder ein bestimmtes Thema
angesprochen wird - das Transkript des Redebeitrags wird automatisch
per E-Mail an den Redakteur verschickt.
Szenario 3: Eine Agentur gibt eine Meldung heraus, in deren Text
auf ein im Netz veröffentlichtes Radiointerview mit einem Politiker
verwiesen wird. Der Text beinhaltet hierbei nicht nur das
Originalzitat, sondern auch eine direkte Verknüpfung des Ausschnitts
aus der Quelle. Dabei kann der Nutzer direkt auf die entsprechende
Stelle in der Audio-Datei springen, statt sich das Interview von
vorne anhören zu müssen.
Individueller Werkzeugkasten ohne technische Hürden
Das Ziel von News-Stream ist es, Journalisten ein Portfolio an
Werkzeugen zur Verfügung zu stellen, das sie sich je nach Anforderung
individuell zusammen stellen können und das sich ohne technischen
Aufwand in den Arbeitsablauf der Redakteure integrieren lässt. Die
bisher entstandenen Tools erlauben die Beobachtung von
Twitter-Nachrichten, die Überwachung von Video-Strömen, die Analyse
der Verbreitung von Agentur- und Pressemeldungen sowie die direkte
Verknüpfung von Textzitaten zum Originalton. Grundlage der
Anwendungen sind spezielle Technologien zur Verarbeitung von großen
Datenmengen genauso wie Algorithmen zur Analyse von Texten und
audiovisuellen Inhalten.
»Der Journalismus steht unter einem enormen Druck. Alles wird
immer schneller und es gibt viele, die heute in der Öffentlichkeit
mitreden und ihren Blickwinkel darstellen. Journalisten müssen daher
noch schneller relevante Ereignisse erkennen, Meldungen prüfen und
Sachlagen recherchieren. Mit Tools aus dem Big-Data-Baukasten und
unserer semantischen Textanalyse helfen wir Journalisten, die
Datenströme in redaktionellen Medien und Social Media zu zähmen,
damit sie mehr Zeit für die qualitative Recherche haben«, so Peter
Adolphs, der die Forschungsabteilung der Neofonie leitet.
Weitere Informationen: newsstreamproject.org
Vortrag: Big Data im News Room: Smarte Tools für Journalisten im
News-Stream Projekt 14. März, 10:30-11:00, CeBIT future talk, Halle
6, Stand B54 Peter Adolphs, Head of Research, Neofonie GmbH
http://www.cebit.de/veranstaltung/big-data-im-news-room/VOR/68238
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