(ots) - Ist die Geldnot des Deutschen Fußball-Bundes eine
Mär? Ein internes Papier aus dem DFB zeigt, dass der
Weltfußballverband Fifa Anfang der 2000er Jahre seinen Zuschuss zur
WM-Organisation für die Deutschen keineswegs grundsätzlich an eine
Provisionszahlung knüpfte. Es ging laut dem Papier nur um eine
"Steigerung" des Zuschusses. Demnach hatten die Deutschen 100
Millionen Euro sicher. Für weitere 70 Millionen Euro mussten sie dann
auf irgendeinem Weg die bekannten 6,7 Millionen Euro aufbringen und
in die Kanäle der Fifa leiten.
Das zweiseitiges Papier mit dem Logo "Deutscher Fußball-Bund", das
bei den Razzien in der DFB-Zentrale und in Privathäusern vergangenen
November auftauchte, liegt dem stern vor. Es enthält
Zusammenfassungen mehrerer Gespräche und Treffen von (ehemaligen)
DFB-Spitzenfunktionären. Verfasst hat es der langjährige
stellvertretende DFB-Generalsekretär Stefan Hans.
Hans war Niersbachs Vertrauter. Beim DFB verantwortete er bis zu
seiner Freistellung vor einigen Wochen die Direktionen Recht,
Finanzen und Personal. Die einzelnen Vermerke auf dem Papier sind an
mehreren Stellen in einer Handschrift korrigiert oder ergänzt, die
wie die Handschrift von Wolfgang Niersbach aussieht.
Unter der Zeile "Gespräch mit Fedor Radmann am 03.06.2015, 16:40
Uhr bis 18:30 Uhr" notierte Stefan Hans, dass Radmann beim
Fifa-Kongress 2015 in Zürich ein Fifa-Mann angesprochen habe.
Radmann, ein guter Freund Franz Beckenbauers, war über mehrere Jahre
Vize-Chef des Organisationskomitees (OK) der WM, das der DFB gebildet
hatte. Den Fifa-Mann kürzte Hans in seinem Vermerk als "MK" ab. Er
meinte damit Markus Kattner, einen Deutschen, der 2003 als Finanzchef
zur Fifa kam und dort heute als Geschäftsführender Generalsekretär
amtiert.
Es sei um einen "Vorgang aus der WM 2006" gegangen, heißt es in
dem Vermerk, und weiter: "Ursprünglich sei für das OK WM 2006 ein
sehr viel niedrigerer (laut Fedor Radmann EUR 100 Mio. umgerechnet)
als der tatsächlich gezahlte (EUR 170 Mio.) Zuschuss vorgesehen
gewesen." Für 100 Millionen Euro mussten die Deutschen folglich
keineswegs eine Gegenleistung erbringen. Ein Geldfluss an die Fifa
war laut des Papiers nur nötig, um eine "Steigerung" des
WM-Zuschusses zu erhalten. Für diese Steigerung verlangte die Fifa
dann offenbar rund zehn Prozent Provision.
Dass die Fifa offenkundig 100 Millionen Euro problemlos bereit
stellte verblüfft. Bisher wurde der Sachverhalt immer so dargestellt,
als sei Deutschland in der Frühphase der Organisation von dem
Fifa-Geld abhängig gewesen. So wirkte es auf manchen Betrachter fast
schon verzeihlich, dass heimlich 6,7 Millionen Euro in die Kanäle der
Fifa geleitet wurden.
In seiner Pressekonferenz am 22. Oktober 2015 in Frankfurt hätte
Wolfgang Niersbach den Sachverhalt richtig darstellen können.
Stattdessen sagte er mit Blick auf die 170 Millionen Euro von der
Fifa: "Mit diesem Zuschuss stand die Gesamtfinanzierung der WM 2006
auf total soliden Füßen."
Er spreche "in aller Offenheit und Ehrlichkeit", mit diesen Worten
begann Niersbach seine Ausführungen vor den Journalisten damals. Das
dem stern vorliegende Papier zeigt jedoch, dass Niersbach vor allem
verschleierte.
"Ich bin vorgestern, also am Dienstag, bei Franz Beckenbauer in
Salzburg gewesen und kenne erst seitdem einigermaßen genau diesen
ersten Teil, also wie überhaupt der Kontakt zu Robert Louis-Dreyfus
zustande gekommen ist", sagte der damalige DFB-Boss nämlich auf der
Pressekonferenz. Einigermaßen genau? Stefan Hans hielt fest, dass
Niersbach mit Franz Beckenbauer, Fedor Radmann und dem früheren
DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt über den 6,7-Millionen-Deal
bereits am 9. Juni 2015 gesprochen habe. Und noch am selben Tag, so
ist zu lesen, habe Niersbach den Generalsekretär Helmut Sandrock und
Hans davon informiert. Es ging bei Niersbachs Gespräch mit
Beckenbauer und Co. laut Hans um den Deal und sogar um den möglichen
Verwendungszweck der DFB-Millionen: Von dem katarischen
Fifa-Funktionär Mohammed Bin Hammam ist die Rede und vom
Blatter-Wahlkampf 2002.
Einen Tag später traf Stefan Hans in Köln auf den früheren
DFB-Generalsekretär und Vize-OK-Chef Horst R. Schmidt. Schmidt habe
ihm den "Vorgang vollumfänglich bestätigt", schreibt Stefan Hans und
zählt auf: "- Ausgang sei ein Gespräch Blatter-FB gewesen.
- RLD Geld an Katar, Schuldschein von Schwan
- Jahre später habe RLD Geld zurück gefordert
- TZW + HRS seien bei RLD in Lugano gewesen"
Wolfgang Niersbach wusste demnach früh viel.
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