(ots) - Das Stadtwappen von Paris ziert ein
lateinischer Spruch: "Fluctuat, nec mergitur" - "sie schwankt, aber
geht nicht unter". Es ist ein treffliches Motto auch für den
Super-Wahlsonntag. Durchgerüttelt hat es viele an diesem Wahlabend.
Allen voran bei den etablierten Parteien. Die Tatsache, dass in allen
drei Bundesländern die bisherigen Regierungschefs bzw. -chefin im Amt
bleiben dürften, täuscht über die teils drastischen Verluste in den
Ländern hinweg. Vor allem der SPD werden in den kommenden Wochen
schmerzhafte Analysen darüber ins Haus stehen, was zu ihrem Absturz
in der Wählergunst geführt hat. Wobei die Antwort hier dieselbe ist,
wie bei der CDU: Es ist der Kurs der Kanzlerin und damit der
Bundesregierung in der Flüchtlingskrise. Weder die SPD, noch die CDU
werden trotz der Erschütterungen auf bundespolitischer Ebene
personelle Konsequenzen ziehen müssen. Angela Merkel ist in ihren
Reihen ebenso alternativlos wie Sigmar Gabriel bei den Genossen -
wobei die SPD zusätzlich das Problem hat, niemanden vorweisen zu
können, der das Profil für den Parteivorsitz besitzt. Und wenn es
jemanden gäbe: Er wäre verrückt, würde er in dieser Situation das
Ruder übernehmen. Gabriel muss aber klar sein, dass er seine
Ambitionen auf eine Kanzlerschaft zumindest heimlich über Bord werfen
muss. Merkel hingegen kann sogar klammheimlich froh über ein Ergebnis
sein: das in Rheinland-Pfalz. Julia Klöckner, die gute Chancen auf
die Staatskanzlei in Mainz hatte, wird durch ihre Niederlage
parteiintern geschwächt. Eine Konkurrenz zur großen Vorsitzenden ist
sie erst einmal nicht mehr. Klöckners Beispiel zeigt, dass ein Hin-
und Herschwanken zwischen Ablehnung und Unterstützung des merkelschen
Kurses eher zum Untergang führt, denn zum Erfolg. Das Kurshalten -
auch wenn es hart am Erträglichen ist - hat die AfD in alle drei
Parlamente geführt, in Sachsen-Anhalt sogar mit einem historischen
Ergebnis. Die Alternative für Deutschland ist tatsächlich zu einer
Alternative für die Deutschen geworden, die die etablierten Parteien
nicht oder nicht mehr erreicht haben. Mit der AfD hat sich die
Ablehnung der schwarz-roten Regierungspolitik durch einen Teil der
Bevölkerung zu einer politischen Kraft formiert, mit der man sich
auseinandersetzen muss - zumal sie in keinem der drei Länder in der
Regierungsverantwortung stehen wird. Von den Oppositionsbänken lässt
sich gut kritisieren, weil man nicht liefern muss. Darin liegen
Chancen und Risiken: Für die Partei, weil sie sich etablieren - oder
sich selbst entlarven kann. Für die anderen Parteien, weil sie auf
Letzteres hoffen könnten. Sie sollten es nur nicht tun; das Risiko
ist zu hoch. Wer von einem Sturm gebeutelt wurde, aber eben nicht
untergegangen ist, weiß im besten Fall, was er beim nächsten Mal
besser machen muss. Nach diesem Sonntag muss klar sein: "Wir schaffen
das!" hat als Motto ausgedient. Wenn Merkel einen Plan hat, dann muss
sie ihn noch deutlicher als bislang erklären. Sie muss erkennbare
Wegmarken setzen, nicht nur das Ziel vorgeben. Sie muss klarmachen,
dass sie handelt und nicht das Handeln an die Grenzschließer entlang
der Balkanroute abgegeben hat. Ihre Partei muss sich entscheiden, ob
sie für oder gegen Merkel ist, um nicht dem klöcknerschen Beispiel zu
folgen. Die SPD muss ihren Kurs ebenso eindeutig festzurren. Wer ohne
Ruder in den Sturm fährt, ist in der Hand der Elemente. Er wird nicht
nur durchgeschüttelt. Er geht unter.
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