(ots) - Schlimmer hätte es für die Volksparteien nicht
kommen können. Die CDU schrumpft zur 30-Prozent-Formation, und die
SPD muss froh sein, dass sie in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt
überhaupt noch zweistellig wurde. Die Erklärung für dieses Desaster
scheint einfach zu sein: Die Wahlen standen ganz im Zeichen der
Flüchtlingskrise. Union und SPD haben die Lage nicht im Griff.
Deshalb wurden sie furchtbar abgestraft. Prompt mehren sich nun die
Stimmen für eine "deutliche Kurskorrektur" in der Flüchtlingspolitik.
Nur, was sollte Merkel denn so abrupt ändern? Die Grenzen dicht
machen? Das haben die Osteuropäer schon getan, weshalb es auch nur
noch sehr wenige Flüchtlinge bis nach Deutschland schaffen. Sich von
einer europäischen Lösung mit festen Regeln und Kontingenten
verabschieden? Nicht mehr auf Verhandlungen mit der Türkei setzen?
Das wäre geradezu töricht. Zumal Merkels Beharren auf diese Linie am
Sonntag ja durchaus belohnt worden ist. Mangels Einigkeit in der
Union allerdings nur auf Seiten der etablierten Konkurrenz: In
Baden-Württemberg haben sich die Grünen und in Rheinland-Pfalz die
SPD klar hinter Merkel gestellt - und damit überraschend starke
Ergebnisse eingefahren. Kurzum, etwas mehr Gelassenheit und
Besonnenheit täten gerade jetzt gut. Das Erfolgsrezept der AfD können
Union und SPD jedenfalls nicht ernsthaft kopieren wollen. Dieser
Rechtsaußenpartei geht es nicht um eine Begrenzung, sondern um ein
Abwürgen der Zuwanderung. Notfalls auch mit Waffengewalt. Dazu schürt
die AfD lustvoll Überfremdungsängste. Die müssen die etablierten
Parteien zweifellos ernst nehmen. Also müssen sie mit den
AfD-Anhängern reden, ihnen noch viel stärker erklären, dass eine
Schotten-dicht-Radikalität in der globalisierten Welt nur eine
Scheinlösung ist, dass sie zum Nachteil einer Industrienation wie
Deutschland wäre. Union und SPD dürfen den AfD-Anhängern aber nicht
nach dem Munde reden. Wer mit logischen Argumenten nicht zu erreichen
ist, der ist auch für die Demokratie nicht zu erreichen. Es ist
deshalb richtig, dass Merkel sich in ihrem Kurs auch von den
Querschlägen eines Horst Seehofer nicht beirren lässt. Die
Dreifach-Wahlen vom Sonntag waren zweifellos Protestwahlen. Doch es
spricht einiges dafür, dass die Flüchtlingsfrage in den kommenden
Monaten an Brisanz verlieren könnte. Für Merkel arbeitet die Zeit.
Das mag unbefriedigend sein. Aber ohne mühsame Verhandlungsschritte
ist das Problem nicht nachhaltig zu lösen. Und in dem Maße, wie die
Integration gelingt, wird auch das Geschäft der Rechtspopulisten
schwerer. Die arg gerupften Volksparteien sollten sich nicht nervös
machen lassen. Streiten sie sich allerdings weiter so wie bisher,
freut sich nur eine Partei - die AfD.
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