(ots) - In einigen Wochen entscheidet der Oberste
Gerichtshof Brasiliens über den Antrag auf Amtsenthebung wegen des
Vorwurfs der Bilanzschönung gegen Präsidentin Dilma Rousseff. "Nach
dem Senat und Kongress werden dann die Richter beurteilen, ob es sich
um ein Verbrechen handelt oder nicht - ob sie also ihr Mandat
verliert oder nicht", sagt die Sozialwissenschaftlerin Camila Moreno
in der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland"
(Montagsausgabe). "Auch wenn es keinen juristischen Tatbestand gibt,
so gibt es eben einen politischen, der die ganze Dynamik
vorantreibt". Parallel zum Amtsenthebungsverfahren läuft die
Anti-Korruptionskampagne »Operation Lava Jato«. "Es scheint so, als
ob in unterschiedlicher Form fast die ganze politische Klasse
Brasiliens darin involviert wäre. Es handelt sich eben nicht um eine
Episode, sondern die illegalen Praktiken waren strukturell und
zeigen, wie Politik in Brasilien funktioniert und wie politische
Kampagnen finanziert werden." Korruption sei tief in die staatlichen
Strukturen, in Denken, Handlungen und Motivationen eingewoben", so
die Akademikerin von der Bundesuniversität in Rio de Janeiro. "Die
Krise eskaliert jeden Tag mehr, und es scheint in der Tat so, als ob
ein Staatsstreich bevorstünde. Es wäre kein klassischer Staatsstreich
durch die Militärs oder ein von ihnen unterstützter. Er wird unter
dem Banner der Amtsenthebung im Zusammenspiel von Parlament und
Gerichten durchgeführt", sagt die brasilianische Wissenschaftlerin.
Sie sieht aber auch eine Chance: "Die aktuelle Situation kann
Möglichkeiten öffnen, die völlig aus dem Horizont geraten waren und
die in interessante Richtungen weisen können. Da gibt es zum Beispiel
sehr bekannte Künstler und Künstlerinnen, die sich für die Regierung
und gegen einen Staatsstreich aussprechen, was katalytische Wirkungen
haben könnte."
Pressekontakt:
neues deutschland
Redaktion Ausland
Telefon: 030/2978-1731