(ots) - Die Verbrechen an den Armeniern 1915 als Völkermord
zu bezeichnen, ist gerechtfertigt. Allein die Zugehörigkeit zu einer
Volksgruppe genügte als Grund zur Verschleppung, Deportation,
Ermordung - hunderttausendfach. Dass der Bundestag auch die deutsche
Mitschuld beschreibt, zeugt vom Fortschritt einer festgefahrenen
Debatte. Die Resolution wird auch international Folgen haben. Ob nur
liebsame, ist nicht vorauszusehen. Insofern ist die Resolution des
Bundestages eine Kampfansage. Das Völkerrecht zu stärken, wäre ein
honoriges Anliegen. Man kann dies nur gutheißen. Moralisch besehen.
Doch Moral ersetzt keine Politik. Die Resolution berührt viele
heutige Interessen. Davon zeugten die leeren Plätze der
Regierungsspitze ebenso wie die empörten Reaktionen Ankaras. Dort
will man völkerrechtlicher Verurteilung vorbeugen, denkbaren
Entschädigungsforderungen. Merkel befürchtet die Kündigung des
Flüchtlingsabkommens durch Ankara. Im Bundestag diente die Resolution
den Konservativen zur Verzierung ihres Weltbildes von den Diktaturen
des 20. Jahrhunderts. Teile der Linken wiederum hoffen, dass der
Dissens mit Ankara genau dies bewirkt - die Kündigung des
Flüchtlingsabkommens, das sie als Sprengsatz an internationalen
Standards zum Umgang mit Flüchtlingen betrachten. Doch
Instrumentalisierung des Völkermordes entwertet jeden moralischen
Anspruch, bestätigt gar die türkische Seite. Die Resolution ist nur
eine Geste. Mit beschränktem Potenzial zur Verbesserung der Welt.
Richtig ist sie trotzdem.
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