(ots) - Nun ertrinken die Menschen wieder
bootsladungsweise. Europa hat die weniger tödliche Route über den
Balkan verriegelt, mit massenhafter Todesfolge im Mittelmeer. Die
Folge war abzusehen, sie wurde in Kauf genommen. Längst ist die große
Aufregung verschwunden. Auch an Land gespülte Kinderleichen können
den Alltag im vermeintlichen Sehnsuchtsort Europa nicht auf Dauer aus
dem Tritt bringen. Das Massensterben von Menschen auf der Flucht
landet in kollektiver Wahrnehmungsroutine. Dort, wo seit langem das
Massensterben abgelegt wird, dem die Unglücklichen sich durch Flucht
zu entziehen versuchen. Jeder Anflug von Innehalten verliert sich in
der Erkenntnis, dass man nichts tun kann. Und die Empathie, die viele
Menschen hierzulande, die Bundeskanzlerin eingeschlossen, im
Angesicht abertausendfacher offenkundiger Verzweiflung ergriff,
glimmt nur noch als Erschrecken auf, wenn sie erneut droht, die
eigenen Grenzen zu passieren.
Doch es ist Vorsorge getroffen. Der jüngste Pfeiler im
Absperrzaun, den Deutschland angeblich aus prinzipiellen Gründen
ablehnt, trägt den fröhlichen Titel »Integrationsgesetz«. Er ergänzt
diverse Asylpakete in seinen restriktiven Bestandteilen und trifft
Maßnahmen für eine bereitwillige Anpassung der auserwählten Neubürger
an hiesige Gepflogenheiten. Viele werden dankbar für die Chance sein
und sie nutzen. Für die meisten aber sind die Folgen fatal. Für die
Abgeschobenen, aber auch für jene, die bleiben. Über hiesige Routinen
müssen sie noch viel lernen.
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