(ots) - Eine Geografin und Polizeiforscherin des
französischen Ministeriums für Forschung und Hochschulwesen (CNRS),
Mélina Germes, wirft der französischen Polizei vor, die Proteste
gegen das Arbeitsgesetz durch den Einsatz von Gewalt bewusst zu
eskalieren. "Die Eskalation am 14. Juni ging von der Polizei aus. Sie
griff die Spitze der Demonstration mit Schockgranaten und Tränengas
an", sagte Germes gegenüber der in Berlin erscheinenden Tageszeitung
"neues deutschland" (Donnerstagsausgabe). Bei Sachbeschädigungen sei
die Polizei hingegen nicht eingeschritten. Das sei bewusst
unterlassen worden: "Ein Polizeigewerkschafter berichtete von einer
Anordnung durch seinen Vorgesetzten, Straftaten auf Demonstrationen
eine Weile laufen zu lassen, bevor eingeschritten wird." Der Einsatz
von Schockgranaten sei zudem entgegen der polizeilichen Vorschriften
erfolgt. "Die Granaten dürfen nur von unten über den Boden gerollt
werden. Aber in Paris wurden sie im hohen Bogen auf die Menschen
geworfen." Erst am 26. Mai sei ein Journalist auf diese Weise
lebensgefährlich verletzt worden.
Einen Grund für die zunehmende Polizeigewalt sieht Germes in der
rechtsextremen Einstellung vieler Polizisten. "Fünfzig Prozent der
Polizisten in Frankreich wählen die extrem rechte Partei Front
National. Mein Eindruck ist zudem, dass Rechtsextreme in den
Einheiten, die auf Einsätze gegen eine männlich-aggressiv dominierte
Protestkultur ausgerichtet sind, sogar in der Mehrheit sind." Vor
diesem Hintergrund sei das neue Gesetz zu Dienstwaffen in Frankreich
eine große Gewahr. "Vor wenigen Tagen passierte ein Gesetz das
Parlament, das Polizeibeamten erlaubt, auch außerhalb ihrer
Dienstzeit eine Waffe zu tragen und zu nutzen. Die Polizei
funktioniert in ihrer Freizeit also wie eine Miliz."
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