(ots) - Bei Lichte besehen hatte der Wiener
Verfassungsgerichtshof keinen Ermessensspielraum: Wenn es mit den
Briefwahl-Urnen tatsächlich zugegangen ist wie im
K.u.k-Komödiantenstadel, konnten die Richter schlechterdings nur auf
Neuwahl erkennen - sofern sie ihren Auftrag, Demokratie und
Verfassung zu schützen, ernstnehmen. Und offensichtlich tun sie das.
Es gibt für beide Kandidaten die zweite Chance, und dafür müssten den
Richtern alle Österreicher dankbar sein, nicht zuletzt der Sieger der
nun annullierten Runde, dem ansonsten der ewige Makel eines eventuell
durch Manipulation ins Amt gelangten Präsidenten angehaftet hätte.
Van der Bellen gilt schließlich als integre politische
Persönlichkeit. Es hätte ihm - ganz anders etwa als 2000 dem
US-Präsidentschaftskandidaten George Bush jun. - womöglich einiges
ausgemacht, sich trotz nachgewiesener heftiger Unregelmäßigkeiten bar
jeglicher Selbstzweifel als Sieger zu präsentieren. Hierzulande
fragte man, ob die Schlamperei wohl gerichtsnotorisch geworden wäre,
wenn es kein so knappes Wahlergebnis gegeben hätte. Für die deutsche
Politik sollte es eher ein Denkzettel sein, sich endlich dem Unrat im
eigenen Hohen Hause zu stellen. Zum Beispiel den unsäglichen
Pairing-Absprachen im Bundestag, bei denen Abgeordnete das Kärtchen
des Kollegen von der Konkurrenz mit in die Urne werfen, damit dieser
nicht anwesend sein muss. Vom Bundestagspräsidium ist das nie auch
nur gerügt worden als das was es war und ist: Betrug am Wähler.
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