(ots) - Der frühere Chef des ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn,
hat angesichts des Brexit deutlich gemacht, dass es seiner Meinung
nach im deutschen Interesse sei, den Maastrichter Vertrag zu
verändern, weil ansonsten die mediterranen Länder Frankreich, Italien
und Spanien zu viel Macht erhielten. "Wir müssen den Maastrichter
Vertrag im Sinne einer Veränderung kündigen, damit die
Entscheidungskriterien angepasst werden", erklärte der Star-Ökonom in
der Sendung Unter den Linden im Fernsehsender phoenix (Montag, 04.
Juli, 22:15 Uhr) und fügte als Erklärung hinzu, dass mit dem Austritt
Großbritanniens die bislang geltende Sperrminorität der
freihandelsorientierten Länder dahin sei. "Das ist nicht mehr das
Europa, mit dem Deutschland groß geworden ist, das können wir nicht
akzeptieren", so Sinn weiter.
In vielen Bereichen müssten die Konstruktionsprinzipien der EU
überprüft und nachjustiert werden. Fakt sei, dass es eine
Armutszuwanderung in Europa in die Staaten mit den ausgeprägtesten
Sozialsystemen gebe. "Man kann aber nicht die Freizügigkeit der
Menschen haben und gleichzeitig die Inklusion in die Sozialstaaten,
sodass die Menschen ihr Geld von dem Land erhalten, in das sie
einwandern, statt dass das Heimatland weiter zuständig ist. Das geht
in die Hose."
Mit dem Brexit gebe es eine verstärkte Entwicklung zu einer
größeren Vergemeinschaftung von Schulden. "Wenn wir diesen Trend
durch die EZB, die tun und lassen kann, was sie will, so
voranschreiten lassen, wird Europa im Streit sein Ziel der
Vereinigung nicht erreichen", war Sinn überzeugt. Gerade die
französischen Wünsche nach Einlagensicherung seien unerfüllbar. "Wenn
wir auf diese Wünsche eingehen, wenn Deutschland ein Anhängsel des
mediterranen Raums mit all seinen Problemen wird, dann sind wir
verloren", mahnte der Wirtschaftswissenschaftler.
Angesichts aller negativen Folgen bei einem Austritt
Großbritanniens sei es kontraproduktiv, die Briten jetzt zur Eile zu
bewegen. "Es liegt in deutschem Interesse, das Ganze auf die lange
Bank zu schieben", meinte Sinn.
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