(ots) - Der Migrationsforscher Faruk Sen sieht nach dem
Putschversuch in der Türkei neue Bündnisse in der türkischstämmigen
Diaspora in Deutschland entstehen. "Gegenwärtig werden Edogans
Anhänger aggressiver. Und die Grauen Wölfe solidarisieren sich mit
AKP-Leuten, obwohl sie früher verfeindet waren", sagte der
langjährige frühere Chef des Essener Zentrums für Türkeistudien im
Gespräch mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues
deutschland" (Mittwochausgabe). Die als rechtsextrem geltenden Grauen
Wölfe sähen darin "eine Perspektive".
Türkische Staatsbürger in Deutschland stimmten zu etwa drei
Vierteln für die islamisch-konservative AKP, während die Partei von
Präsident Erdogan in der Türkei nur knapp die Hälfte der Wähler
erreicht. Ursachen seien die Mobilisierungskraft der AKP-nahen "Union
der Europäisch-Türkischen Demokraten" (UETD) und vieler
Moscheevereine. "Die Moscheevereine sind sehr mächtig geworden,
liberale, sozialdemokratische, auch faschistische Vereine" spielten
demgegenüber "praktisch keine Rolle mehr". Auch der
türkisch-islamische Dachverband DITIB wirke in diese Richtung.
Dass sowohl die UETD als auch die Kurdische Gemeinde inzwischen
dazu aufrufen, die Spannungen in der Türkei nicht nach Deutschland zu
importieren, begrüßt Sen als "sehr gut und sehr nötig": "Der
gegenwärtige Konflikt in der Türkei sollte keine Verlängerung in
Deutschland finden." Dennoch glaube er nicht, dass diese
Entwicklungen "wirklich gefährlich" für Deutschland seien: "Eine
meiner jüngsten Studien zeigt, dass sich Türken mit der Region und
dem Land identifizieren, in dem sie leben".
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