(ots) - Genau so falsch wie das meiste, das Recep Tayyip
Erdogan der ARD erzählte, war sein Vorwurf, die EU halte ihre
Versprechen zur Unterstützung der syrischen Flüchtlinge nicht ein:
Das Geld fließt. Doch die Reaktion aus Brüssel verrät auch
Nervosität: Der Flüchtlingsdeal ist stark gefährdet, denn andere
Zusagen an die Türkei kann die EU nicht einhalten. Die
Visa-Liberalisierung wird nicht kommen. Dazu wäre eine Entschärfung
der Terrorgesetze nötig, und Ankara marschiert in Gegenrichtung.
Auch wollten die EU-Staaten größere Zahlen von syrischen Flüchtlingen
direkt aus der Türkei aufnehmen, wenn deutlich weniger auf den
griechischen Inseln ankämen. Letzteres geschieht, doch nach wie vor
ist keine Einigung über eine EU-weite Verteilung absehbar. Europa
fürchtet sich: Wenn Erdogan die Grenzen wieder öffnet, bricht in
Griechenland das Chaos aus, denn eine Weiterreise wäre wegen der
Mauer zu Mazedonien kaum noch möglich. Und selbst wenn: Auch in
Deutschland ist, nicht zuletzt wegen der jüngsten
Selbstmord-Attentate, die Stimmung deutlich gereizter geworden. Dazu
kommen Nato-Interessen. Das alles erklärt die gedämpften Reaktionen
auf Erdogans Gegenputsch, aber es rechtfertigt sie nicht. Gerade
Deutschland als wichtigster Handelspartner der Türkei, als Heimat von
1,5 Millionen türkischen Staatsbürgern und mit drei Millionen Bürgern
türkischer Herkunft muss deutlicher machen, dass Erdogans Weg auch
die wirtschaftliche Entwicklung, die ihm erst Mehrheiten bescherte,
massiv gefährdet. Das meint nicht nur die Regierung, sondern auch die
Wirtschaft. Und es gibt keinen Anlass, seine Anhänger am Sonntag in
Köln demonstrieren zu lassen. Wer die AKP unterstützen will, mag dies
in der Türkei tun.
Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion
Telefon: 02331/9174160