(ots) - Merkel macht "weiter so"
von Reinhard Zweigler, MZ
Politik sei das starke, langsame Bohren harter Bretter mit
Leidenschaft und Augenmaß, meinte einst der Soziologe Max Weber.
Angela Merkel hat sich auf ihrer, wegen der Terrorakte vorverlegten
Sommerpressekonferenz als Meisterin im Bohren von Hartholz gezeigt.
Sie geht die Fragen, Sorgen und Ängste der Menschen in diesen
bewegten Tagen mit Augenmaß, vor allem kühl analytisch an.
Leidenschaft freilich lässt die Physikerin der Macht leider
vermissen. Angela Merkel gibt die Beschwichtigungskanzlerin. Vieles,
was sie sagt, ist richtig und logisch, doch ob sie mit ihrer
rationalen Art auch die Empfindungen, die Herzen der arg
verunsicherten Bürger erreicht, steht auf einem anderen Blatt. Dabei
lässt es die Frau aus der Uckermark selbstverständlich nicht kalt,
was in den vergangenen Tagen im Lande, vor allem im Freistaat Bayern,
alles an Schrecklichem geschah. Es gab die Morde eines offenbar
rassistischen Amokläufers in München sowie die islamistischen
Anschläge von Würzburg und Ansbach. Es gab Tote und Verletzte. Doch
Merkel lässt sich davon nicht in ihren Grundwerten, nicht in der
Grundrichtung ihrer Politik beirren. Selbst den Satz "Wir schaffen
das!", den sie elf Monate zuvor unter dem Eindruck des anschwellenden
Flüchtlingsstroms prägte, nimmt Merkel nun nicht zurück. Sie hatte
ihn als Ausdruck zum Mutmachen gesagt, als Gegensatz zum
resignierenden: Wir schaffen das sowieso nicht. Wer von Merkel
gestern eine Abkehr von ihrer bisherigen Flüchtlingspolitik oder auch
nur das Eingeständnis von politischen Fehlern erwartet hatte,
verkennt das Naturell der Kanzlerin, aber auch die Dimension der
jetzigen Probleme. In der globalisierten, digital vernetzten Welt ist
es nicht mehr wie zu Goethes Zeiten. Seinerzeit konnte man sich in
Mitteleuropa trefflich und weitgehend folgenlos darüber unterhalten,
wenn die Völker im Nahen Osten aufeinander einschlugen. Heute stehen
die Kriegsflüchtlinge vor den Türen der reichen Länder. Auch das ist
eine Folge der Globalisierung. Ein Schlagwort, das sonst nur schwer
zu verstehen ist und von vielen auch nur auf die Wirtschaft
angewendet wird. Ein Trugschluss. Krisen und Kriege in anderen Teilen
der Welt schlagen auch auf bislang davon weitgehend unberührte Länder
zurück. Deutschland ist für viele Kriegsflüchtlinge das Land ihrer
Träume. Dabei kann selbst das im Vergleich mit vielen anderen Ländern
der Erde wohlhabende Deutschland nicht die gesamte Not der Welt
schultern. Es kann nicht sämtliche Flüchtlinge aufnehmen. Gegen die
Attentate zweier, offenbar islamistisch indoktrinierter junger Männer
setzt Merkel ihre Überzeugung, dass nicht nur deren Taten aufgeklärt
und ihre Hintermänner dingfest gemacht werden, sondern auch die
weitere Aufrüstung des Staates gegen Terror, gegen politische und
religiöse Extremisten. Die Betonung liegt auf "weitere". Denn der
Staat hat seine Instrumente gegen diese Bedrohungen bereits
geschärft. Aber nun hat sich gezeigt, dass es noch Lücken gibt, etwa
in anonymen Bereichen des Internets, in denen sich Terroristen
tummeln, in denen Amokläufer Waffen ordern und sich mit ihresgleichen
austauschen können. Richtig ist, das eine wirksamere Terrorbekämpfung
und -prävention mehr Polizisten, eine bessere Ausrüstung und
Kommunikationstechnik auf höchstem Niveau benötigt. Gebraucht werden
vor allem Spezialisten, die im Internet Kriminelle herausfiltern,
bevor sie zuschlagen. Freilich gehört dazu auch, dass die Bundeswehr
bei besonders dramatischen Terrorlagen, wie sie das Land noch nicht
erlebt hat, gemeinsam mit der Polizei ihre spezifischen Mittel zum
Schutz der Bevölkerung einsetzt.
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