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Mittelbayerische Zeitung: Die Wutwahl - Ausgerechnet in Merkels politischer Heimatübertrumpft die AfD die CDU. Das gibt Kritikern Aufwind. Von Reinhard Zweigler

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(ots) - Wie trügerisch Umfragen sein können, hat
Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen Monaten erlebt. Noch im
Juli ermittelten Demoskopen im Nordosten bei Umfragen zur
Landtagswahl einen klaren Vorsprung für die CDU, gefolgt von der AfD
und dann erst der SPD. Entsprechend zerknirscht, aber auch ziemlich
ratlos war man im Lager des eigentlich beliebten SPD-Landesvaters
Erwin Sellering. Die Sozialdemokraten schienen auf der
20-Prozent-Marke eingemauert. In der Nord-Union keimte dagegen die
Hoffnung auf die Staatskanzlei. Erst kurz vor dem gestrigen Urnengang
kippten die Zahlen wieder. Konstant blieb nur die Sammlungsbewegung
des Protestes der Scheinalternative für Deutschland. Dabei kommen die
drastischen Zugewinne der AfD schon längst nicht mehr überraschend.
Für die einst lediglich europa-skeptische Partei, deren Stern bereits
im Sinken begriffen war, wirkte die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin
wie Doping. Sie surfte auf der Gegenwelle zu Angela Merkels liberalem
Kurs, der binnen Jahresfrist über eine Million Flüchtlinge ins Land
führte. Die wenigsten davon allerdings in Meck-Pomm, wo es gerade mal
noch etwas über 11 000 von ihnen gibt. Die mit einem smarten
Spitzenkandidaten, dem Ex-Radiomoderator Holm, angetretene
Protestpartei hat Ängste und Nöte der Menschen nicht nur
aufgegriffen, sondern sie kräftig geschürt. Es ist schon seltsam,
dass die hinausposaunten Warnungen vor Ãœberfremdung, Islamisierung
und Kriminalisierung der Gesellschaft ausgerechnet in einem Land
wirkten, in dem es kaum Ausländer, kaum Flüchtlinge gibt. Auch die
Tatsache, dass die AfD über keinerlei tragfähiges Politikkonzept
verfügt, hat über ein Fünftel der Wähler offenbar nicht abgeschreckt.
Das Abschneiden der AfD in Mecklenburg-Vorpommern war nicht einfach
Protest gegen "die da oben", sondern vor allem eine Wutwahl gegen




Angela Merkel. Dass eine Partei sehr weit rechts von der Union nun
sogar vor der CDU landet und dies auch noch in der politischen Heimat
der Kanzlerin, ist ein Novum in der bundesdeutschen Geschichte.
Angela Merkel wird es bis zur nächsten Bundestagswahl nun noch
schwerer haben, ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik beizubehalten.
Ihre Kritiker, vor allem die in der bayerischen Schwesterpartei,
bekamen Aufwind aus dem Nordosten der Republik. Allerdings darf man
aus dem derzeitigen Auftrieb der AfD auch nicht den Untergang des
Landes herauslesen. Rund vier Fünftel der Wähler sind eben nicht den
Rechtspopulisten auf den Leim gegangen. Die Charmeoffensive des
bisherigen und künftigen Landesvaters Erwin Sellering hat die SPD
wieder aus dem Umfragekeller herausgeführt. Der SPD-Mann aus
Nordrhein-Westfalen ist mittlerweile zum lautesten Fürsprecher der
Ostdeutschen, zum obersten Kämpfer für gleiche Ost-Renten geworden.
Vermutlich kann er seine Koalition nun mit einer arg gerupften Union
sogar fortsetzen. Die CDU dagegen hatte kein zugkräftiges Personal
aufzubieten. Der bärbeißige Innenminister Lorenz Caffier als
Spitzenkandidat, dem kurz vor dem Wahl nur das Burka-Verbot und das
Einsammeln doppelter Staatsbürgerschaften einfiel, hat der AfD nicht
das Wasser abgegraben, sondern im Gegenteil noch mehr Wasser auf die
Mühlen dieser Populisten geleitet. Und die in Schwerin einst
mitregierenden Linken haben, wie alle anderen Parteien auch, kräftig
an die Rechtspopulisten verloren. Für die Grünen wiederum sind
Landtagswahlen im Osten jedesmal Zitterpartien. Für die Liberalen,
die im Westen wieder festen Boden unter den Füßen zu haben scheinen,
ist im Osten sowieso kein Blumentopf zu gewinnen.



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Datum: 04.09.2016 - 19:49 Uhr
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