(ots) - Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, und ein
Treffen mehr oder weniger wichtiger Politiker der Sozialdemokraten,
Linken und Grünen noch keine rot-rot-grüne Koalition im Bund. Aber
die Klimaveränderungen sind zweifellos spürbar. Anfang der
1990er-Jahre vermochte die Union noch mit einer
"Roten-Socken-Kampagne" allgemeines Gruseln vor einem "Linksruck" im
Land auszulösen. Heute dürften die meisten Menschen eher müde
lächeln, käme Angela Merkels Truppe auf die Idee, die Plakate von
damals wieder aus der Versenkung zu holen. Die vormalige PDS in neuer
Linksgestalt hat ihren bundesweiten Schrecken weitgehend verloren.
Und spätestens seit den rot-roten und rot-rot-grünen Allianzen 2002
in Berlin beziehungsweise 2014 in Thüringen haben sich solche
Bündnisse im politischen Alltag etabliert. Freilich ist die
Landesebene nur bedingt mit der des Bundes vergleichbar. Da geht es
nicht "nur" um Kitas, Schulen oder Straßen, sondern um Krisen, Kriege
und Terrorismus, kurz, um die internationale Rolle Deutschlands. Das
ist zweifellos eine andere Liga. Und es bleibt rätselhaft, wie das
alles mit der Linkspartei gehen soll. Wenn sich nun insbesondere in
der SPD der Drang verstärkt, es trotzdem zu versuchen, dann in erster
Linie aus machtpolitischem Kalkül. Die Juniorpartnerschaft mit der
Union droht die Sozialdemokraten immer mehr zu zermürben. Der
Gedanke, im nächsten Bundestagswahlkampf letztlich wieder auf Platz
statt auf Sieg setzen zu müssen, dürfte keinen Genossen hinter dem
Ofen mehr hervorlocken. Und das wiederum hätte verheerende
Auswirkungen auf die Kampagnefähigkeit der Partei. Ja, es stimmt:
Nach Lage der Dinge ist Rot-Rot-Grün die einzige ernsthafte Option,
um einen Sozi nach mehr als einem Jahrzehnt wieder zum Kanzler zu
küren. Man kann den Blitzbesuch von Sigmar Gabriel bei der jüngsten
rot-rot-grünen Aufwärmrunde als mediale Schau abtun, als einen
weiteren Beweis für Gabriels Sprunghaftigkeit. Aber er signalisiert
den Seinen damit, dass es auch anders gehen könnte. Und die empörten
Reaktionen aus der Union sprechen dafür, dass man dem bunten Treiben
beim Koalitionspartner durchaus Bedeutung beimisst. Das Szenario
einer linken Alternative für Deutschland könnte allerdings auch eine
breite Gegenbewegung erzeugen. Von ihrem früheren Umfragehoch ist
Angela Merkel zwar weit entfernt. Aber im Direktvergleich mit Gabriel
oder dem anderen SPD-Aspiranten Martin Schulz reicht es immer noch,
um deutlich besser abzuschneiden. So wäre die Aussicht auf weitere
vier quälende Jahre Große Koalition oder einem sehr fragilen
rot-rot-grünen Bündnis für die SPD am Ende wohl nur eine Wahl
zwischen zwei Übeln. Aber dem Land würden zwei klare politische
Alternativen für die kommende Bundestagswahl gut tun. Auch im
Hinblick auf die AfD. Im Schlafwagen zur Macht, das war einmal. Und
das ist auch gut so.
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