PresseKat - Mittelbayerische Zeitung: Die Mittelbayerische Zeitung aus Regensburgüber die Rentendebatte

Mittelbayerische Zeitung: Die Mittelbayerische Zeitung aus Regensburgüber die Rentendebatte

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(ots) - Von Jana Wolf

Wir müssen es schultern

Willkommen in Berlin, bei den Rentengesprächen von CDU und CSU. Um
den Tisch sitzen Kanzlerin Angela Merkel (62), CSU-Chef Horst
Seehofer (67), Fraktionschef Volker Kauder (67), Finanzminister
Wolfgang Schäuble (74) und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt
(66). Die fünf Spitzenpolitiker, die am Freitag im Bundeskanzleramt
über die Zukunft der Rente beraten haben, bringen es auf ein
Durchschnittsalter von stolzen 67,2 Jahren. Sie werden über die
Altersvorsorge entscheiden, die nicht mehr sie selbst, sondern
jüngere Generationen betrifft. Dass die Jungen am Ende die Folgen der
Rentenreform tragen müssen, kommt in den Gesprächen der Entscheider
viel zu kurz. Deutschland gehört zu den Ländern, die weltweit am
schnellsten altern. Anstatt darüber zu diskutieren, wie immer weniger
Junge immer mehr Alte finanzieren sollen, geht es in der Debatte um
andere Fragen. Es geht um soziale Umverteilung: Da sind auf der einen
Seite die Geringverdiener, die trotz niedriger Einkommen auch noch
privat vorsorgen sollen, wie die Bundesregierung in ihrem
Alterssicherungsbericht 2016 rät. Auf der anderen Seite stehen die
Beamten, die überdurchschnittlich viel im Alter zur Verfügung haben,
aber bislang nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
Es geht um Ausgleich zwischen Ost und West: Arbeitsministerin Andrea
Nahles will bis 2020 die Ostrenten auf Westniveau anheben. Es geht um
Gleichstellung der Mütter: Die CSU pocht auf Gleichbehandlung der
Älteren mit den Jüngeren. Und es geht um gerechte Verteilung zwischen
den Geschlechtern: Frauen haben im Alter durchschnittlich fast 600
Euro weniger zur Verfügung als Männer. All diese partikularen
Interessen sind für sich genommen legitim. Doch in der Summe
überfrachten sie die Rentendebatte. Bevor darüber diskutiert werden




kann, wie die Renten gerecht verteilt werden, muss erst einmal
geklärt werden, wie der Topf, aus dem sie sich speisen, gefüllt wird.
Klar ist: Füllen müssen ihn am Ende diejenigen, die noch viele Jahre
im Arbeitsleben stehen - also die Jungen. Doch wie das gehen soll,
diskutieren die politischen Herrschaften an ihren Tischen viel zu
wenig. Stattdessen verfolgen die Politiker der großen Koalition
eigene Interessen - und das unter Zeitdruck. Bis zur nächsten
Bundestagswahl ist genau ein Jahr Zeit. Für Union und SPD steht ein
Versprechen auf dem Spiel, das es einzuhalten gilt. Schließlich haben
sie das Rentenvorhaben 2013 im Koalitionsvertrag festgeschrieben. In
den vergangenen drei Jahren haben große Streitpunkte -
Flüchtlingskrise, Euro-Unsicherheit, Erstarken der AfD oder der
Dauerstreit zwischen CSU und CDU - das Bild der großen Koalition
geprägt. Ein erfolgreicher Abschluss des Rentenausgleichs zwischen
Ost und West, der solidarischen Lebensleistungsrente, der Flexirente
oder die Erweiterung der Mütterrente wären da willkommene Teilsiege,
um dieses angekratzte Bild zum Ende der Legislaturperiode wieder zu
richten. Doch für ein Projekt dieser Größenordnung wird die Zeit
knapp. Und so besteht die Gefahr, dass Reformen übereilt beschlossen
werden, ohne langfristige Folgen miteinzukalkulieren. Der Appell geht
in zwei Richtungen: Zum einen geht er an die Politik, sich bei den
Entscheidungen über die Altersvorsorge nicht von partei- oder
machtpolitischen Interessen treiben zu lassen, sondern langfristige
Perspektiven zu schaffen und die Belastungen für die jüngeren
Generationen zu berücksichtigen. Zum anderen geht er an die Jungen
selbst, sich durch politisches Engagement in die Debatte
einzumischen. Das Thema Rente mag auf den ersten Blick unsexy wirken
oder nicht zur eigenen Lebenswirklichkeit passen, weil die Rente noch
in so weiter Ferne liegt. Doch spätestens beim Blick auf den
Gehaltszettel wird auffallen, dass die Rentenversicherung auch aus
der eigenen Tasche mitfinanziert wird.



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Datum: 28.10.2016 - 22:21 Uhr
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