(ots) - Vielleicht ist es noch zu früh, den USA nach »9/11«
jetzt ein »11/9« zu attestieren - zu fern scheint die Vorstellung
einer Präsidentschaft Trumps derzeit noch, zu schwer wiegt der
Schock. »Ich verstehe meine eigenen Leute nicht mehr«, sagt die
US-amerikanische Politologin Joyce Mushaben im Interview mit dem
Deutschlandfunk, und bittet den Moderator am Ende des Gesprächs, ihm
ein Flugticket zu schicken. Was bis gestern Abend noch eine
scherzhafte Option gewesen sein mag, - seit heute früh deutscher Zeit
ist nichts mehr undenkbar.
Vor einer Präsidentschaft Trumps kann man sich noch nicht einmal
konkret fürchten - sie macht derzeit nur vielen Menschen Angst. Zu
unberechenbar scheint ein möglicher präsidentieller Kurs des
Milliardärs, der sich selbst als politischen Outsider stilisiert.
Aber die Äußerung des auf Wut, Hass und gesellschaftliche Spaltung
setzenden Trump, »die Welt verändern zu wollen« - ja, sie macht
Angst.
Trump hat die Welt bereits verändert: Er hat die Grenzen des
politischen Anstands pulverisiert, er hat völlig ungeniert auf die
Angst und auch den Hass der schrumpfenden, aber immer lauter
werdenden Gruppe der »weißen, älteren Männer« gesetzt - und mit
seinem radikalen Kurs der Polarisierung gewonnen.
Es fällt schwer, irgendetwas Positives aus diesen Wahlen zu
ziehen. Vielleicht stärkt das Ergebnis den Sanders-Flügel bei den
Demokraten - allerdings steht die Partei vor einem Trümmerhaufen. Von
den beiden unbeliebtesten Kandidaten der vergangenen
Präsidentschaftswahlen hat Clinton haushoch verloren. Vieleicht
gelingt es den Republikanern, Donald Trump einzuhegen - allerdings
hat ebenjener Trump auch die Republikanische Partei geradezu
zertrümmert. Und auf die »checks and balances« zu setzen, den
mäßigenden Einfluss von Senat, Repräsentantenhaus und Supreme Court,
das scheint nach den gegenseitigen Blockaden der letzten Jahre auch
nur eine weniger als vage Option - zumal auch im Obersten Gericht
bald die ganz rechten Konservativen die Mehrheit haben werden.
Trump ist gleichzeitig Ergebnis und Profiteur der stetig größer
gewordenen Spaltung der USA geworden. Eines sich ständig
verschärfenden politischen Diskurses. Die Wut und die Angst haben
gewonnen. Populismus, Fremdenfeindlichkeit, Protektionismus haben den
Wahlkampf bestimmt - und sie könnten mit dem Ende des Wahlkampfs nun
politische Agenda des immer noch mächtigsten Staates der Erde werden.
Mäßigung, Stimmen der Vernunft - beide hatten keine Trumps Klaviatur
der Spaltung. Rechtspopulisten in ganz Europa von AfD bis Front
National feiern den Sieg Trumps bereits. Dieser Sieg der Wut und
Angst wird Schockwellen über die ganze Welt aussenden.
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