(ots) - Das ist ein schmaler Grat, auf dem sich Schulen
und Lehrer bewegen. Besonders begabte Kinder zu fördern, führt nicht
selten dazu, dass sich dann Eltern anderer Schüler ärgern und
beschweren. Oft geben sich die Talentierten auch nicht als solche zu
erkennen, aus Angst, als Streber abgestempelt zu werden. Es bedarf
also in den Schulen eines speziellen Fingerspitzengefühls im Umgang
mit leistungsstarken Schülern. Vor allem aber muss die Kompetenz
vorhanden sein, zwischen Unterforderung und Faulheit differenzieren
zu können. Daran hapert es noch oft. Deswegen ist es richtig, dass
Bund und Länder nach langen Verhandlungen endlich ein eigenes
Förderprogramm auflegen, um Schulen die Möglichkeit zu geben, ihre
Top-Schüler entsprechend zu unterstützen. Das stärkt die
Chancengerechtigkeit. Denn bislang hat sich in der Bildungsdebatte
stets alles um die Frage gedreht, wie man leistungsschwachen Schülern
zum Bildungserfolg verhelfen kann. Das ist zweifellos nicht ohne
positive Wirkung geblieben, wie die letzten Bildungsstudien gezeigt
haben. Aber dieselben Studien sagten ebenfalls aus, dass im Vergleich
zu anderen Ländern zu wenige Kinder die besonders anspruchsvollen
Aufgaben bewältigen konnten. Das hat was mit mangelnder Förderung zu
tun. Obendrein ist es auch ökonomisch wichtig, dass begabte Schüler
ihre Ideen und Fähigkeiten frühzeitig entfalten können. Das
Bund-Länder-Programm ist daher hoffentlich ein Anstoß für einen
Mentalitätswechsel hin zu mehr Selbstverständlichkeit im Umgang mit
den Besten. Das Wort "Elite" darf im Bildungs- und
Wissenschaftsbereich kein Unwort mehr sein. Ob dies mit der
Millionenförderung gelingen wird, wird sich freilich erst in ein paar
Jahren zeigen. Einerseits mahlen die Mühlen im föderalen
Bildungssystem bekanntlich sehr langsam. Andererseits ist mal wieder
jede Menge Veränderungsbereitschaft gefordert, und die macht Arbeit
und kostet Kraft. So müssen Lehrer und Erzieher lernen, wie sie
Begabungen eines Kindes erkennen können, wie sie dann den Unterricht
entsprechend gestalten, um die Betroffenen individuell zu
unterstützen. Und die Schulen müssen sich überlegen, ob sie besondere
Klassen einrichten, neue digitale Wege einschlagen, ob sie
Partnerschaften mit Experten von außen eingehen und wie sie die
Kooperation von Eltern und Lehrern verbessern. Da kommt vieles auf
die Direktoren und die Kollegien zu. Aber es lohnt sich. Für alle
Beteiligten.
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