(ots) - Das Internationale Komitee der UNESCO für die
Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit hat am
Mittwoch der Aufnahme der Genossenschaftsidee in seine Repräsentative
Liste zugestimmt. Damit gehört die Genossenschaftsidee zum
UNESCO-Weltkulturerbe. Dazu erklärt Uwe Fröhlich, Präsident des
Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR):
"Die hohe Auszeichnung zeigt die Anerkennung und das Vertrauen, das
man der Genossenschaftsidee weltweit entgegenbringt. Friedrich
Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch ergänzten ihre
genossenschaftliche Idee der Selbsthilfe schnell durch
Selbstfinanzierung und regten jeweils die Gründung von Kredit-
beziehungsweise Darlehenskassenvereinen an. Als vielseitige Förderer
ihrer Region liefern die Genossenschaftsbanken auch heute gute
Gründe, warum man vor Ort nicht nur in finanzieller Hinsicht auf sie
zählen kann." Fröhlich dankt den Initiatoren der Nominierung: der
Deutschen Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft und der Deutschen
Friedrich-Wilhelm Raiffeisen-Gesellschaft.
Zur Geschichte der Genossenschaftsbanken:
Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden in vielen Ländern Europas
erste Genossenschaften im heutigen Sinne, meist als
Konsumgenossenschaften. In Deutschland liegt die Wiege der
Kreditgenossenschaften. 1843 gründeten 50 Bürger im württembergischen
Öhringen die erste Kreditgenossenschaft unter dem Namen "Öhringer
Privatspar- und Leihkasse". Diese frühe Gründung ging mit ihrem
regionalen Konzept nahtlos in die heutige Volksbank Hohenlohe über.
Zur Erinnerung: Im 19. Jahrhundert flohen über fünf Millionen
Deutsche vor Hunger und politischer Unterdrückung ins Ausland. Vor
allem Bauern und Handwerker litten große Not. Diesen
Bevölkerungsgruppen wollten Bürgermeister Friedrich Wilhelm
Raiffeisen und Justiziar Hermann Schulze-Delitzsch helfen. Sie
erkannten aber beide rasch, dass zu einer erfolgreichen Selbsthilfe
auch Selbstfinanzierung gehört. So regten sie in ihren jeweiligen
Regionen die Gründung von Kredit- beziehungsweise
Darlehenskassenvereinen an und entwickelten - unabhängig voneinander
- aus ihren Erfahrungen Gebrauchsanleitungen für die Gründung
genossenschaftlicher Banken. Hermann Schulze-Delitzsch, Vater der
Volksbanken, setzte als Reichstagsabgeordneter die gesetzliche Basis
für Genossenschaften und damit auch Kreditgenossenschaften durch. Er
hatte bereits bei Gründung seiner ersten Genossenschaft für
Schuhmacher, 1849, das Prinzip "Ein Mensch - eine Stimme" eingeführt.
Das deutsche Genossenschaftsgesetz und die Idee der
Kreditgenossenschaften wurden zum Exportschlager. Ãœberall auf der
Welt, von Nordamerika über Skandinavien bis Japan, entstanden
Genossenschaften. In Deutschland zählte man zu Beginn des 20.
Jahrhunderts bis zu 22.000 Kreditgenossenschaften mit mehr als 3,6
Millionen Mitgliedern. Allerdings machten politische und
wirtschaftliche Ereignisse Zusammenschlüsse sinnvoll. Bis heute
schließen sich Volksbanken und Raiffeisenbanken regional zusammen,
wenn dies zum Wohle ihrer Mitglieder ist. Um als Gemeinschaft stark
zu sein, brauchte es auch auf Bundesebene Zusammenschlüsse. Die
gewerblichen Genossenschaften gründeten 1920 ihren "Deutschen
Genossenschaftsverband". Als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise von
1929 entstand das erste zentrale Sicherungssystem der
Kreditgenossenschaften. Die landwirtschaftlichen Genossenschaften und
ihre Verbände schlossen sich 1948 zum "Deutschen Raiffeisenverband"
zusammen. Die Vorläufer der heutigen Deutschen
Zentral-Genossenschaftsbank (DZ BANK) reichen ein gutes Jahrhundert
zurück. 1972 wurde der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und
Raiffeisenbanken als gemeinsamer Spitzenverband der
Kreditgenossenschaften aus der Taufe gehoben. 1990 schlossen
westdeutsche Volksbanken und Raiffeisenbanken
Partnerschaftsvereinbarungen mit ostdeutschen Genossenschaftsbanken
ab. Heute haben die Volksbanken und Raiffeisenbanken bundesweit mehr
als 18 Millionen Mitglieder, die Zahl der Mitglieder wächst stetig.
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