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Mittelbayerische Zeitung: Nicht schön, aber wahr / Der Tod der Freiburger Studentin liefert Scharfmachern Munition. Kühle Fakten geben Halt. Leitartikel von Marianne Sperb

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(ots) - Maria L. wäre heute 20 Jahre alt geworden: eine
junge Frau mit besten Absichten, außerordentlich gut ausgestattet für
ein glückliches Leben und eine erfolgreiche Zukunft. Maria L. ist
tot. Der Fall ist tragisch und er schreit, wie es in solchen Fällen
ist, nach einer Antwort. Aber, wie es in solchen Fällen eben auch
ist: Schnelle Antworten sind nicht zu haben. Vereinfachungen sind
leider häufig zu schön, um wahr zu sein. Und am Fall Maria L. ist
vieles nicht schön, aber wahr. Der Täter war, so legen es die
Indizien nahe, aller Wahrscheinlichkeit nach ein 17-Jähriger aus
Afghanistan, einer von 51 000 unbegleiteten minderjährigen
Flüchtlingen in Deutschland - also einer jener Menschen, für die sich
Maria L. in ihrer Freizeit engagiert hat. Einer jener Menschen, für
die sich der Vater, Jurist in der EU-Verwaltung, stark macht. Einer
jener Menschen, denen sich "Weitblick" zuwendet, der Verein, für den
die Eltern in der Todesanzeige für ihre Tochter um Spenden geworben
hatten. Eine Frau, die geholfen hat, wurde nach Einschätzung der
Ermittler getötet durch einen Mann, dem geholfen wurde - das weckt
Empörung. In der Welle von Wut hilft es, sich zurückzulehnen und Halt
bei kühlen Zahlen zu suchen. Fakt ist: Unter Gewaltkriminellen sind
Flüchtlinge keine besonders auffällige Gruppe. Fakt ist auch: Im Jahr
2015, in dem knapp eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen
sind, ist die Zahl an Morden und Vergewaltigungen gesunken. Mit
Antworten ist man jetzt schnell bei der Hand, online vor allem.
Angela Merkels Flüchtlingspolitik wird als Ursache für den Tod der
Studentin ausgemacht, das Urteil ist schon gefällt: "Merkel hat Blut
an den Händen", rufen die Scharfmacher. Es ist wohltuend, dass die
Politik, von der CSU bis zur Linken, schnell reagiert und geschlossen
davor warnt, Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen und




Fremdenhass zu schüren. Der Fall Maria L. legt bloß, wie wenig das
Denken in Schubladen mit der Realität im Einklang steht. Der Tod der
Studentin zeigt die "Risse im Idyll" Freiburg, wie es Spiegel-Online
nennt. Nicht schön, aber wahr: Die Wohlfühlgemeinde im Breisgau, in
der die Grünen den Oberbürgermeister stellen und in der die Linke
überdurchschnittlich viel Zuspruch hat, ist nicht nur eine Hochburg
der Ökos, sondern auch ein Spitzenreiter in der
Kriminalitätsstatistik und eine Stadt mit steigender
AfD-Wählerschaft. Zuletzt häuften sich Gewaltdelikte, Freiburger
bekennen sich zu wachsender Angst, die Polizeikräfte wurden
verstärkt. Die Antworten auf den Fall Maria L. sind widersprüchlich
und nicht schnell zu haben. Viel Zeit ließ sich die "Tagesschau". Die
ARD-Sendung ignorierte am Samstagabend die Festnahme des 17-Jährigen.
Die Redaktion entschied nicht nach "Gesprächswert", sondern nach
"Relevanz", erklärte später der Chefredakteur Kai Gniffke, aber: Kann
man diese beiden Kriterien sicher voneinander trennen? Im Rückspiegel
war die Themenauswahl der "Tagesschau" falsch, weil der Gesprächswert
in diesem Fall eben auch Relevanz transportiert und auch, weil so dem
Vorwurf der "Lügenpresse" Munition geliefert wird . Der Verdacht auf
Nanny-Journalismus, auf mediale Bevormungung, findet Bestätigung.
Andererseits: In der Medienwelt von heute ist es meistens weniger die
Schnelligkeit, an der es fehlt, sondern die Besonnenheit. Im
Zweifelsfall und unter Zeitdruck für Zurückhaltung zu entscheiden,
zeugt nicht nur von der Angst, das Falsche zu tun, sondern auch von
Sorgfalt. Die AfD bringt jetzt wieder eine Privatisierung des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks ins Gespräch. Nichts wünscht man
sich weniger - gerade mit dem Blick auf den Fall der getöteten
Studentin.



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Leitartikel von Thomas Hauser
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Datum: 05.12.2016 - 20:15 Uhr
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