(ots) - Die Zeiten, in denen Lastkraftwagen
gleichbedeutend mit Dieselfahrzeugen waren, dürften bald vorbei sein.
Wie die aktuelle Deloitte Global Truck Study 2016 "LKW-Märkte im
Umbruch" zeigt, sind alternative Antriebe in diesem Segment von der
Kriech- auf die Ãœberholspur gewechselt. In Deutschland werden in zehn
Jahren immerhin 13 Prozent der Nutzfahrzeug-Neuzulassungen über
alternative Antriebe verfügen. Darüber hinaus setzt die
Digitalisierung die deutschen und europäischen Hersteller unter
Veränderungsdruck: Künftig werden sie über die Fahrzeugproduktion
hinaus etwa auch Telematik-Hardware und digitale Services anbieten
sowie an der Entwicklung neuer Logistikkonzepte beteiligt sein.
Innerhalb der einzelnen LKW-Segmente gibt es ebenfalls Veränderungen:
Leichte und schwere Laster gewinnen Marktanteile hinzu, während die
"Mittelklasse" weniger nachgefragt wird. Generell gelten insbesondere
die Industrieländer Europas, Nordamerikas und Asiens als gesättigt,
aber auch China, während andere aufstrebende Märkte wie Brasilien und
Russland immer noch attraktive Absatzpotenziale versprechen.
"OEMs müssen neue Ansätze für den Lieferverkehr in
Ballungsgebieten und Telematik-Lösungen für mehr Effizienz und
Nachhaltigkeit entwickeln, um die sinkenden Absatzzahlen auf dem
europäischen Markt zu kompensieren. Vor allem neue Antriebskonzepte
werden in den kommenden zehn Jahren gefragt sein, um eine Lösung für
die aktuell hohen CO2-Emissionen zu ermöglichen", erklärt Michael
Maier, Director Strategy & Operations Automotive bei Deloitte.
Die größten LKW-Märkte: Erwartete Marktentwicklung bis 2026
Land Jährliches NFZ-Marktwachstum
Russland 11%
Brasilien 6,1%
Indien 3,7%*
China 0% (Stagnation)
Europa -0,2% (leichter Nachfragerückgang)
*bis 2021, danach 2,0%
Aufstrebende Märkte mit unterschiedlichen Perspektiven
In den Märkten der entwickelten Länder wird das Wachstum in den
nächsten Jahren eher mager oder sogar negativ ausfallen. So wird es
in den kommenden fünf Jahren um 1,3 Prozent zulegen, um dann ab 2021
in den Negativbereich abzufallen - mit Ausnahme einiger Märkte in
Ost- und Südeuropa. Anders in einigen aufstrebenden sowie allen
übrigen Märkten: Hier kann nach wie vor von nennenswerten
Wachstumsraten ausgegangen werden. In den BRIC-Staaten beträgt es
allerdings nur 1,6 Prozent, denn China, das einen gewissen
Sättigungsgrad aufweist, und Indien enttäuschen in dieser Hinsicht.
BRIC: Wachstum vor allem bei schweren LKW
Vergleichsweise hoch fällt das Wachstum in Russland bei schweren,
etwas schwächer bei mittelschweren LKW aus - ähnlich wie in
Brasilien, wo bis 2026 ebenfalls mehr schwere als mittelschwere
Fahrzeuge abgesetzt werden. Auch in Indien werden vor allem robuste
Nutzfahrzeuge für den Fernverkehr nachgefragt, da eine erhöhte
Wettbewerbsfähigkeit der Flottenbetreiber gegenüber der Schiene
erwartet wird. Anders der Trend in China: Hier wird der Absatz
schwerer LKW zurückgehen, während für mittelschwere Fahrzeuge ein
leichtes Wachstum möglich ist.
Elektro- und Hybridantrieb auf dem Vormarsch
So umstritten das E-Auto im PKW-Segment noch immer ist, so sicher
werden Elektroantriebe und andere Alternativen im
Nutzfahrzeug-Segment künftig eine entscheidende Rolle spielen. Als
größter europäischer Markt geht Deutschland voran - schon zu
Jahresbeginn 2016 waren hier rund 32.500 LKWs mit solchen Motoren
zugelassen. Binnen zehn Jahren wird der Anteil hybrider oder
vollelektrischer Antriebe auf ungefähr ein Fünftel des Gesamtbestands
ansteigen. Dabei rechtfertigen nicht zuletzt die Kundenerwartungen
die entsprechenden Investitionen.
Erdgas für Fernstrecken
Im innerstädtischen Verteilerverkehr und beim kontinuierlichen
Stop-and-go kann der Hybridantrieb seine Stärken ausspielen - und
kommt daher vor allem bei kleineren Nutzfahrzeugen zum Einsatz. Im
Fernverkehr hingegen lohnt sich der Einsatz von Erdgasfahrzeugen
aufgrund ihrer hohen Laufleistung und den Verbrauchsvorteilen von bis
zu 40 Prozent gegenüber Dieselmotoren. Dabei wird auf weiten Strecken
vor allem Flüssiggas genutzt, während sich komprimiertes Gas eher auf
mittleren Routen rechnet.
Umfassende Telematik-Ausstattung wird Standard
Im Zuge der Digitalisierung spielt Telematik bereits heute eine
wichtige Rolle. Ihre Effizienz- und Kostenvorteile werden jedoch
künftig noch erfolgskritischer für die einzelnen Anbieter sein.
Telematik-Lösungen gewährleisten eine umfassende Fahrzeugüberwachung,
erhöhen die Sicherheit des Fahrers und optimieren das
Flottenmanagement. Ob kraftstoffsparendes Platooning in Gestalt dicht
hintereinander fahrender LKW, ob Ride- und Truck-Sharing oder völlig
autonome Fahrzeuge: Ohne den massiven Einsatz von Telematik rollt in
zehn Jahren vermutlich kein einziges LKW-Rad mehr. Telematik-Services
auf unterschiedlichen oder vereinheitlichten Plattformen kommt dabei
eine zentrale Rolle im Wettbewerb zu.
Flottenbetreiber-Konsolidierung setzt Hersteller unter Druck
Die kommenden Jahre werden eine radikale Konsolidierung bringen.
Verfügt in Deutschland heute ein Viertel der Flottenbetreiber über
mehr als 100 Fahrzeuge, so wird sich dieser Anteil sukzessive um
ganze zehn Prozentpunkte erhöhen. Das setzt kleinere Unternehmen
unter starken Druck. Gegenüber den LKW-Herstellern gewinnen die
großen Flottenbetreiber damit an Verhandlungsmacht. Diese können
jedoch mit Konzepten wie dem Truck-Sharing zum Abfedern von
Auslastungsspitzen sowie mit neuen Servicemodellen für ihre Händler
dagegenhalten.
"Das Marktumfeld in Deutschland und Europa wird schwieriger. Wer
als Anbieter nicht nur auf den Export in Schwellenländer setzt, für
den ist innovatives, flexibles und übergreifendes Denken
überlebenswichtig. Die Hersteller müssen Kompetenzen im Bereich
Software auf- und ausbauen, dichte Aftersales-Netzwerke entwickeln,
auf die richtigen Antriebsarten für die einzelnen Fahrzeugkategorien
setzen und ihre Geschäftsmodelle insgesamt einer kritischen
Betrachtung unterziehen", resümiert Maier.
Die komplette Studie finden Sie unter http://ots.de/zOP79 zum
Download.
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