(ots) - Das Europäische Zentrum für Presse- und
Medienfreiheit (ECPMF) sieht die Meinungsvielfalt in den Medien der
EU-Staaten in Gefahr. "In Deutschland wie in Europa sinkt die Anzahl
an verschiedenen Perspektiven", sagte Jane Whyatt, die Leiterin des
ECPMF gegenüber der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues
deutschland" (Freitagausgabe). "Oft haben verschiedene Medien und
Formate mittlerweile die selben großen Unternehmen als Besitzer",
führte sie weiter aus. Auch das Fehlen von
Whistleblower-Schutzstrukturen stelle laut der britischen
Journalistin eine Gefahr da. Irland und Serbien würden zwar in der
Theorie fortschrittliche Gesetze vorweisen, zumindest in Irland
hätten diese in der Praxis aber keinen Bestand. "Ehemalige
Polizisten, die als Whistleblower tätig sind, werden bedroht und
können nicht mehr arbeiten."
Soziale Medien wie Facebook fördern laut Whyatt ebenfalls
problematische Entwicklungen. Algorithmen würden bestimmen, welche
Nachrichten man als Nutzer erhält. "Wir müssen Menschen besser
weiterbilden, damit sie verstehen, dass Facebook die Meinungsfreiheit
aus finanziellen Gründen einschränkt", sagte die Journalistin.
Restriktive Maßnahmen in sozialen Netzwerken lehnt das ECPMF aber ab,
da man ein generelles Sinken der politischen Meinungsfreiheit
befürchtet. Bestehende Gesetze sollten lieber effizient angewendet
werden. Das ECPMF untersucht auch Gewalt gegen Journalisten.
Körperliche Angriffe gegen Medienschaffende hätte es 2014 ungefähr
zehn in Deutschland gegeben. 2015 und 2016 dann aber schon mehr als
50. Das ECPMF hat als Reaktion in Zusammenarbeit mit der Leipziger
Polizei eine Weiterbildung für Beamte entwickelt.
Das Verhalten der EU gegenüber der Türkei wird von Whyatt als
problematisch bewertet. "Meiner persönlichen Meinung nach gibt es
viel Heuchelei im Bezug zur Türkei", sagte die Journalistin. "Die EU
behauptet, sie unterstütze die Journalisten, sie kämpfe für
Pressefreiheit, aber die Realität sieht oft anders aus." Das fehlende
Eingreifen der EU im Falle des autoritären Umbaus des polnischen und
ungarischen Mediensystems begründet Whyatt ebenfalls mit fehlendem
politischen Willen. "Die Kommission hätte den Dialog fortsetzen
können. Im Beispiel von Polen hatten die Instrumente der EU eine gute
Wirkung erzielt." Das ECPMF wurde 2015 in Leipzig gegründet, um
bedrohten Medienschaffenden zu helfen und die europäische
Pressefreiheit zu verteidigen.
Pressekontakt:
neues deutschland
Redaktion
Telefon: 030/2978-1722
Original-Content von: neues deutschland, übermittelt durch news aktuell