(ots) - Rund 2,9 Millionen Pflegebedürftige dürften
mittlerweile Post von ihrer Pflegeversicherung bekommen haben. In dem
Brief wird nüchtern über den neuen Pflegegrad und die entsprechenden
Leistungen ab 2017 informiert. Dahinter steckt nichts Geringeres als
die weitreichendste Sozialreform dieser Wahlperiode. Dafür hat die
Große Koalition in Berlin ein großes Kompliment verdient. Nun endlich
entscheidet sich der Umfang der Pflegebedürftigkeit nicht mehr am Maß
der körperlichen Gebrechlichkeit, sondern an dem der verbliebenen
Selbstständigkeit. Das nützt zuallererst den Demenzkranken, die nach
den bisherigen Kriterien der Pflegeversicherung häufig leer
ausgingen. Das rechnet sich aber auch für die meisten anderen
Betroffenen. Können sie sich doch zum Teil über deutlich höhere
Leistungen freuen. Natürlich haben die auch ihren Preis. Zum
Jahreswechsel kommt es zu einer weiteren Beitragsanhebung. Dass
darüber keiner ernsthaft stöhnt, hat mit der breiten Akzeptanz der
Pflegeversicherung zu tun. Jeder kann in die Situation geraten, ohne
fremde Hilfe nicht mehr auszukommen. Also muss praktisch auch jeder
ein Interesse daran haben, für diesen Fall umsorgt zu sein. Ist damit
nun alles eitel Sonnenschein in der Pflege? Sicher nicht. Dafür
spricht schon die Personalnot in vielen Pflegeheimen. Ein weiteres
Problem ist das politische Gezänk um die künftige Pflegeausbildung.
Ausgerechnet in Zeiten einer wachsenden beruflichen Spezialisierung
will der Bundesgesundheitsminister die bislang getrennten
Ausbildungswege für Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpfleger
vereinheitlichen. Das kann noch nicht der Weisheit letzter Schluss
sein. Schon dieser Konflikt zeigt aber, dass der Pflegeversicherung
die Reformbedürftigkeit nicht ausgehen wird. Künftige Regierungen
werden sich darum kümmern müssen. Hoffentlich warten sie damit nicht
so lange wie in der Vergangenheit.
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