(ots) - Die Maut kommt so sicher wie die Deutsche Bahn
- früher oder später. Jetzt ist von 2019 die Rede. Nachdem alle
Änderungen, die die EU-Kommission gefordert hatte, nunmehr umgesetzt
sind und das Kabinett am Mittwoch den Weg für das
"Lieblingsspielzeug" von Verkehrsminister Alexander Dobrindt
freigegeben hat, kann man wohl davon ausgehen, dass auch Brüssel
grünes Licht für die "Infrastrukturabgabe" gibt. So wird die
Autobahngebühr künftig also jährlich mehr als eine halbe Milliarde
Euro in die Kassen spülen, die nach Abzug der Kosten für
Straßeninvestitionen übrig bleiben - wenn sich Verkehrsminister
Dobrindt nicht verrechnet hat. Gerade das ist allerdings leider nicht
ganz von der Hand zu weisen. Denn andere Rechnungen von Menschen, die
auch wissen, dass Algebra kein Landesteil von Algerien ist, kommen zu
abweichenden Ergebnissen. So spricht etwa der Verkehrsexperte der
Linken, Herbert Behrens, "bestenfalls" von einem "Nullsummenspiel".
Auch der Verkehrswissenschaftler Ralf Ratzenberger, der die Maut für
den ADAC durchrechnete, ist skeptisch: "Laufende Betriebskosten,
Einmalkosten für die Einführung und Entlastungen für Autos mit
Euro-6-Norm fressen die Gewinne auf", sagt er. Und selbst der
parteipolitisch unverdächtige Deutsche Städtetag meint zwar
einerseits, dass "der Ansatz, die Mittel für die
Verkehrsinfrastruktur zu erhöhen, richtig ist". Andererseits stünden
Aufwand und Ertrag bei der geplanten Pkw-Maut jedoch weiterhin in
einem Missverhältnis. Wer hat sich also verrechnet? Wer hat Probleme
mit Primzahlen und reziproken Werten? Oder ganz anders gefragt: Worum
geht es Dobrindt bei dem Prestigeprojekt der CSU eigentlich?
Tatsächlich um die Erschließung neuer, fairer Finanzquellen zur
Verbesserung des bundesdeutschen Straßennetzes? Oder vielleicht doch
- ganz platt - um das Schüren ausländerfeindlicher Ressentiments, wie
es der Vorsitzende des EU-Verkehrsausschusses, Michael Cramer von den
Grünen, mutmaßt? Vielleicht leidet Dobrindt auch nur an einem
pathologischen Ösi-Syndrom, weil er an der deutsch-österreichischen
Grenze in der Vergangenheit schon zu oft das Pickerl an seine
Windschutzscheibe kleben musste. Die Wahrheit ist, dass er umsetzen
musste, wofür seine Partei Wahlkampf gemacht hatte - sehr erfolgreich
sogar. Und eine andere Wahrheit ist, da kann man rechnen, wie man
will: Seine Mautpläne stellen Ausländer schlechter als Bundesbürger,
weil letztere über die Kfz-Steuer exakt in Höhe der Maut entlastet
werden. Dass EU-Länder und vor allem Deutschlands Nachbarstaaten auf
die Barrikaden gehen, ist deshalb nur zu verständlich. Unmittelbar
nach Bekanntwerden des Berliner Beschlusses setzten sich in Brüssel
Europaabgeordnete aus Österreich, Belgien, Luxemburg und den
Niederlanden zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.
Womöglich marschieren sie bis vor den Europäischen Gerichtshof, wo
sie sich durchaus etwas ausrechnen. Später signalisierten auch
Slowenien, Ungarn und Großbritannien, dass eine gemeinsame Klage
gegen die CSU-Maut möglich sein könnte. Dass sie alle von ihrem Recht
Gebrauch machen, ist ihnen nicht zu verübeln. Dass ausgerechnet
Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) den Widerstand
organisiert und die Phalanx gegen Deutschland anführt, mutet
allerdings seltsam an. Zum einen hat die Alpenrepublik ihr Mautsystem
schon vor 20 Jahren eingeführt, um das Straßennetz zu sanieren. Und
zum anderen eckte der östliche Nachbar zuletzt 2014 bei der
EU-Kommission dadurch an, dass die Gebühr für den viel befahrenen
Felbertauerntunnel von lokal zugelassenen Fahrzeugen nicht erhoben
wird. Darüber war von Leichtfried natürlich kein Wort zu vernehmen.
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