(ots) - Die Türkei hat Angela Merkel in ihrer bald
zwölfjährigen Kanzlerschaft oft besucht. Schon zum neunten Mal ist
sie nach Ankara gereist, und jedes Mal war ihr Gesprächspartner Recep
Tayyip Erdogan. Ein politischer Routinebesuch war es dennoch nicht,
im Gegenteil: Wohl selten dürfte der Kanzlerin ein Treffen mit
Erdogan so schwer auf der Seele gelegen haben wie dieses Mal. Das
Verhältnis zwischen beiden Ländern, die sich gegenseitig trotz aller
Konfrontation eigentlich so brauchen, könnte vergifteter nicht sein.
Für Diplomatie bleibt da wenig Spielraum. Dass sich das zerstrittene
Paar trotzdem traf, direkt vor dem EU-Gipfel auf Malta, ist ein
klarer Hinweis darauf, dass sowohl Berlin als auch Ankara den
Gesprächsfaden nicht abreißen lassen wollen. Und das ist richtig so.
Nichts wäre schlimmer, als gerade jetzt zu schweigen. Merkel hat das
nicht getan. Sie hat Klartext geredet, für ihre Verhältnisse sogar
besonders nachdrücklich. Sie hat Erdogan gewarnt, die Gewaltenteilung
ebenso zu respektieren wie die Meinungsfreiheit. Und sie hat sich
demonstrativ mit Vertretern der Opposition getroffen, obwohl die
ihren Besuch bei Erdogan als "Wahlkampfhilfe" vor dem
Verfassungsreferendum gegeißelt hatten. Das alles mag man als das
Mindeste bezeichnen, was Merkel hätte tun müssen. Doch wäre es
wirklich besser gewesen, die Kanzlerin wäre nicht gekommen? Gerade
Erdogan sollte spüren: Deutschland schaut auf die Türkei.
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