(ots) - Respekt! Kanzlerin Merkel hat bei ihrem Besuch in
der Türkei in deutlichen Worten die Einhaltung von Gewaltenteilung
und Meinungsfreiheit angemahnt - ohne dabei die Regeln der Diplomatie
zu verletzen. "Opposition gehört zur Demokratie dazu", das ist aus
ihrem Mund nur scheinbar ein belangloser Satz. An Erdogan gerichtet,
wird daraus ein starker Appell. Der Sultan duldet schließlich keine
Widerworte, schon gar nicht in seinem eigenen Wohnzimmer.
Natürlich dürfen wir jetzt nicht erwarten, dass der türkische
Staatschef auf seinem politischen Kurs eine 180-Grad-Kehrtwende
hinlegt. Er wird den gescheiterten Putschversuch weiterhin nutzen, um
seine Macht so auszubauen, dass sie ihm am Ende niemand mehr nehmen
kann. In seinem Bild von einem Präsidialsystem gehört Opposition eben
nicht dazu.
Sollte der Westen deshalb den Kontakt abbrechen? Nein! Den
Gesprächsfaden zur Türkei nicht abreißen zu lassen, ist angesichts
einer extrem turbulenten Weltlage richtig und wichtig. Nur wer mit
Erdogan kommuniziert, kann ihm auch sagen, was er von seiner Politik
hält. Der Kampf gegen den Terrorismus erzwingt ohnehin eine intensive
internationale Kooperation, die ohne Gespräche nicht funktionieren
kann.
Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass die Demokratien dieser
Welt in den Beziehungen zur Türkei Druck vom Kessel lassen sollten.
Den Größenwahn eines Donald Trump kann sich Erdogan nicht erlauben:
Die Türkei ist vom Westen wirtschaftlich abhängig - und von den sechs
Milliarden Euro aus Deutschland für die Flüchtlinge. Eine reine
Ost-Orientierung kann das Land nicht aus dem ökonomischen Dilemma
befreien. Erdogan mag das nicht zu spüren bekommen, die Bevölkerung
in der Türkei schon.
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