(ots) - Der Amnesty-Bericht über folternde tunesische
Sicherheitskräfte kommt der großen Abschiebe-Koalition in Berlin
sicher ungelegen. Denn Tunesien soll eine entscheidende Rolle in der
deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik spielen. Zum einen,
weil viele tunesische Asylbewerber hierzulande ohne Bleibeperspektive
sind und nun verstärkt zurückgeschickt werden sollen. Zum anderen
plant die EU, fußend auf deutschen Überlegungen, dort Aufnahmelager
einzurichten, in denen man jene afrikanischen Flüchtlinge kasernieren
will, die man auf hoher See gerettet hat.
In der öffentlichen Wahrnehmung galt Tunesien bislang als
nordafrikanischer Musterknabe. Hier nahm 2010 der arabische Frühling
seinen Ausgang. Trotz Armut, Korruption und Terrorismus sitzt in
Tunis eine frei gewählte Regierung, die sich an die demokratischen
Spielregeln hält. Der Blick an die Spitze täuscht jedoch darüber
hinweg, dass der Sicherheitsapparat durchsetzt ist von den Schergen
des gestürzten Diktators Ben Ali. Denen sind rechtsstaatliche
Prinzipien egal, erst recht beim Kampf gegen den Terror, der ja auch
von westlichen Demokratien ohne Rücksicht auf eigene Prinzipien
geführt wird.
Wer also Menschen nach Tunesien abschiebt, nimmt in Kauf, dass
diese dort gefoltert werden. Doch in einem Wahljahr wie diesem, in
dem die AfD den beiden Volksparteien im Nacken sitzt, spielen solche
Erwägungen kaum noch eine Rolle.
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