(ots) - Die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken
haben im Jahr 2016 ihren Wachstumskurs fortgesetzt. Die Bilanzsumme
stieg um 7,6 Mrd. Euro (5,2 Prozent) auf 153,5 Mrd. Euro, wie der
Genossenschaftsverband Bayern (GVB) bei seinem Bilanzpressegespräch
in München mitteilte. Die Kapitalbasis stärkten die
genossenschaftlichen Kreditinstitute um 731 Mio. Euro (4,8 Prozent)
auf einen neuen Höchstwert von 15,9 Mrd. Euro. Damit haben sie ihr
Eigenkapital binnen zehn Jahren verdoppelt.
"Das Jahr 2016 war geprägt von der Verteidigung des
Geschäftsmodells der Regionalbanken gegen wirtschaftliche und
politische Herausforderungen", machte GVB-Präsident Jürgen Gros bei
der Vorlage der Geschäftszahlen deutlich. Er verwies auf die
Belastungen durch die extreme Niedrigzinspolitik der Europäischen
Zentralbank (EZB) und kritisierte den unverhältnismäßigen
bürokratischen Aufwand, der die Regionalbanken erheblich belastet -
ohne der Finanzstabilität zu dienen. Gros weiter: "Trotz der
schwierigen Bedingungen haben Vorstände und Mitarbeiter die Ärmel
hochgekrempelt und die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken
auf Wachstumskurs gehalten. Die Institute haben ihre Marktstellung
durch harte Arbeit behauptet und ihre Bilanzen durch den Aufbau
zusätzlicher Kapitalpuffer gestärkt. Die Volksbanken und
Raiffeisenbanken zählen heute zu den stabilsten Banken in Europa."
Mittelstandskredite: Bestandszuwachs so hoch wie nie
Der Bestand an ausgereichten Krediten wuchs deutlich um 4,5 Mrd.
Euro (5,1 Prozent) auf 91,2 Mrd. Euro. Dabei verzeichneten die
bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken im Firmenkundensegment
mit einem Plus von 2,2 Mrd. Euro (5,5 Prozent) auf 43,1 Mrd. Euro die
höchste jemals erzielte Bestandszunahme. Die Kreditvergabe an
Privatkunden steigerten die Kreditgenossenschaften um 2,1 Mrd. Euro
(4,8 Prozent) auf 45,0 Mrd. Euro. In diesem Segment war die Nachfrage
nach Immobilienfinanzierungen der Treiber. "Ohne die Bremseffekte
durch die missglückte Umsetzung der europäischen
Wohnimmobilienkreditrichtlinie hätte die Kreditvergabe wohl noch
stärker zugelegt", hob GVB-Präsident Gros hervor. Die unter anderem
an Verbundpartner vermittelten außerbilanziellen Kredite stiegen um
0,9 Mrd. Euro (7,9 Prozent) auf 12,1 Mrd. Euro.
Die Zunahme der Kundengelder im vergangenen Jahr spiegelt das hohe
Vertrauen der Kunden in die bayerischen Volksbanken und
Raiffeisenbanken wider. Die von den Kreditgenossenschaften
verwalteten Einlagen wuchsen trotz der marktbedingt niedrigen
Einlagenzinsen um 5,7 Mrd. Euro (5,0 Prozent) auf 120,0 Mrd. Euro.
Wie schon in den Vorjahren setzten die Sparer bevorzugt auf
kurzlaufende Anlageformen. Zudem investierten die Kunden verstärkt in
Wertpapierfonds. Das Volumen der unter anderem bei den
Verbundpartnern abgeschlossenen Geldanlagen nahm um 3,4 Mrd. Euro
(4,9 Prozent) auf 72,1 Mrd. Euro zum Jahresende zu.
"Der Einlagenzufluss ist ein Vertrauensbeweis der Kunden, aber für
viele Banken kein Grund mehr zur Freude", stellte Gros mit Verweis
auf die Zinspolitik der EZB fest. Den Instituten falle es aufgrund
der niedrigen Zinsen immer schwerer, mit den Geldern eine angemessene
Rendite bei vertretbarem Risiko zu erwirtschaften. Sie müssten
deshalb den Markt genau im Blick behalten. Gros: "Wenn Wettbewerber
verstärkt Negativzinsen berechnen, müssen auch die Volksbanken und
Raiffeisenbanken im Freistaat vermehrt über eine Anpassung ihrer
Konditionen nachdenken. Die Institute gehen sonst das Risiko ein, von
Liquidität überschwemmt zu werden."
EZB-Politik vermindert Zinsergebnis um 227 Mio. Euro
Die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken weisen für das
Jahr 2016 ein Vorsteuerergebnis von 1.459 Mio. Euro aus. Der
Ergebnisanstieg um 110 Mio. Euro (8,2 Prozent) ist jedoch nicht auf
einen Ertragszuwachs zurückzuführen. Wesentliche Ursache für das
Gewinnplus sind niedrigere Abschreibungen auf Wertpapierbestände als
im Vorjahr. So fielen die Wertberichtigungen zuzüglich des Saldos der
sonstigen sowie außerordentlichen Erträge und Aufwendungen mit 45
Mio. Euro insgesamt positiv aus, während sich 2015 Belastungen in
Höhe von 127 Mio. Euro ergeben hatten.
Die Ertragslage der Kreditgenossenschaften im Freistaat war
erheblich von den negativen Effekten der EZB-Politik geprägt. Das
Niedrigzinsumfeld verminderte das Zinsergebnis um insgesamt rund 227
Mio. Euro. Etwa zwei Drittel davon (142 Mio. Euro) konnten die Banken
durch das Wachstum im Kreditgeschäft ausgleichen. Unter dem Strich
sank der Zinsüberschuss - der mit Abstand wichtigste Ertragsbringer
der Banken - dennoch um 85 Mio. Euro (2,7 Prozent) auf 3.082 Mio.
Euro. Das Provisionsergebnis legte zwar um 30 Mio. Euro (3,2 Prozent)
auf 953 Mio. Euro zu, konnte die rückläufigen Zinserträge jedoch bei
Weitem nicht kompensieren.
Konsolidierung fortgesetzt, Stabilität gesichert
Um angesichts des Niedrigzinsumfelds ihre Stabilität langfristig
zu sichern, erschließen die bayerischen Volksbanken und
Raiffeisenbanken nicht nur neue Marktpotenziale und digitalisieren
Teile ihrer Infrastruktur. Sie arbeiten auch intensiv daran, ihre
Kostenstrukturen weiter zu verbessern. Zwar nahmen die absoluten
Betriebskosten vergangenes Jahr unter anderem aufgrund gestiegener
regulatorischer Anforderungen um 8 Mio. Euro (0,3 Prozent) auf 2.621
Mio. Euro zu. Gleichzeitig sank jedoch die Kostenspanne um 0,08
Prozentpunkte auf 1,76 Prozent, da die Bilanzsumme deutlich stärker
wuchs als die Kosten. Das heißt, die Banken machten mit weniger
Aufwand mehr Geschäft.
Zudem forcierten die Volksbanken und Raiffeisenbanken ihren
Konsolidierungskurs. Die Zahl der im GVB zusammengeschlossenen
Institute belief sich nach 13 Fusionen im Jahresverlauf auf 260.
Zugleich richteten die Genossenschaftsbanken ihre Infrastruktur an
den Kundenbedürfnissen aus: Sie investierten 273 Mio. Euro unter
anderem in die Modernisierung von Standorten oder den Ausbau des
digitalen Leistungsangebots. Das Filialnetz passten sie an das
veränderte Kundenverhalten an, wie Gros erklärte: "Die Kunden wickeln
immer mehr Servicedienstleistungen über Smartphone oder Tablet online
ab. Gleichwohl wünschen sie eine persönliche Beratung, wenn es um
Lebensentscheidungen wie den Hausbau geht. Deshalb bündeln die
Volksbanken und Raiffeisenbanken ihre Angebote zunehmend in
Beratungszentren." Ende 2016 unterhielten die Kreditgenossenschaften
2.569 mit Personal besetzte Geschäftsstellen und damit das dichteste
Filialnetz Bayerns.
Mit diesen Weichenstellungen festigten die bayerischen
Kreditgenossenschaften ihre gute Marktposition. Das zeigen nicht nur
die anhaltend hohen Marktanteile, zum Beispiel im Kreditgeschäft mit
zuletzt knapp 25 Prozent (Privatkunden) und gut 19 Prozent
(Firmenkunden), sondern auch der ungebrochene Mitgliederzuwachs: So
erhöhte sich die Zahl der Anteilseigner bei den Volksbanken und
Raiffeisenbanken im Freistaat 2016 um rund 22.000 auf 2,669 Mio. und
stieg somit das achte Jahr in Folge.
Ausblick: Niedrigzinspolitik und Bürokratiekosten belasten auch
2017
"Deutschland bleibt 2017 im Zinstief gefangen", sagte Gros. Der
GVB-Präsident rechnet trotz steigender Inflation auf absehbare Zeit
nicht mit einer geldpolitischen Kehrtwende der EZB. Die Volksbanken
und Raiffeisenbanken stellen sich daher auf einen weiteren Rückgang
des Zinsergebnisses um 180 Mio. Euro im laufenden Jahr ein.
Angesichts des Konjunkturbooms erwarten sie aber weiterhin ein
lebhaftes Kreditgeschäft.
Neben dem Zinsumfeld belasten die hohen Bürokratiekosten von
jährlich rund 138 Mio. Euro Bayerns Volksbanken und Raiffeisenbanken.
"Die oft undifferenzierten bürokratischen Auflagen strapazieren
insbesondere die in der Mittelstandsfinanzierung starken
Regionalbanken und gefährden damit die funktionierende
Kreditversorgung der Unternehmen", machte GVB-Präsident Gros
deutlich. Bei den politischen Entscheidungsträgern wachse jedoch das
Bewusstsein, dass auf Verhältnismäßigkeit in der Regulierung geachtet
werden muss. So plant die EU-Kommission im Rahmen der Novelle der
Eigenkapital- und Liquiditätsregeln (Basel III), kleinere Banken von
überzogenen Melde- und Offenlegungspflichten zu befreien.
GVB-Vorschlag: Regionalbanken von unverhältnismäßiger Regulierung
entlasten
Der GVB begrüßt den Vorschlag aus Brüssel, spricht sich jedoch
dafür aus, die Intensität der Regulierung nicht allein an der
Bankgröße auszurichten. Gros stellte ein Konzept des Verbands vor,
das auch Geschäftsmodell, Komplexität und Vernetzung von Banken
berücksichtigt. So sollen nur Regionalbanken von unverhältnismäßiger
Regulierung befreit werden, die weniger als 15 Milliarden Euro
Bilanzsumme haben oder folgende fünf Kriterien erfüllen: Erstens,
mindestens 50 Prozent der Refinanzierung stammt aus Einlagen von
Privatkunden und Mittelstandsbetrieben. Zweitens, mindestens 33
Prozent der Vermögenswerte sind als Kredite an nicht-finanzielle
Unternehmen, Privathaushalte und öffentliche Haushalte ausgereicht.
Drittens, höchstens 10 Prozent der Vermögenswerte bestehen aus
Krediten an ausländische Schuldner. Viertens, das betreffende
Institut unterhält mindestens eine und höchstens 99 Geschäftsstellen.
Fünftens, das Institut ist regional tätig. Als Abgrenzungskriterium
schlägt der GVB die EU-weit gebräuchliche Klassifikation der NUTS-2
Regionen vor, die in Deutschland in der Regel die Regierungsbezirke
umfasst.
"Das Konzept identifiziert zielgenau Regionalbanken, von denen
aufgrund ihres Risikoprofils keine Gefahr für die Finanzstabilität
ausgeht", so Gros. Um die Finanzierung der Realwirtschaft dauerhaft
zu erhalten, sei es notwendig, diese Institute im Rahmen der
laufenden Überarbeitung von Basel III von überzogenen regulatorischen
Anforderungen zu befreien. Gros: "Im Jahr der Bundestagswahl ist die
Zeit gekommen, eine Bürokratiebremse für Regionalbanken einzuführen."
Weitere Informationen zum Bilanzpressegespräch:
https://www.gv-bayern.de/presse
Der Genossenschaftsverband Bayern e.V. (GVB) vertritt die
Interessen von 1.278 genossenschaftlichen Unternehmen. Dazu zählen
260 Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie 1.018 ländliche und
gewerbliche Unternehmen mit insgesamt rund 51.000 Beschäftigten und
2,9 Millionen Mitgliedern. Damit bilden die bayerischen
Genossenschaften eine der größten mittelständischen
Wirtschaftsorganisationen im Freistaat. (Stand: 31.12.2016)
Pressekontakt:
Florian Ernst
Pressesprecher
Genossenschaftsverband Bayern e. V.
Türkenstraße 22-24, 80333 München
Tel. 089 / 2868 - 3402
Fax. 089 / 2868 - 3405
presse(at)gv-bayern.de
www.gv-bayern.de/presse
Original-Content von: Genossenschaftsverband Bayern, übermittelt durch news aktuell