(firmenpresse) - Die Frage der Verweisbarkeit wird in der Berufsunfähigkeitsversicherung regelmäßig heftig diskutiert. Jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine eindeutige Aussage getroffen. Ein Versicherer muss beweisen, dass der neue Beruf der bisherigen Lebensstellung entspricht. Nur dann greift das Argument der Verweisbarkeit, und die Zahlung der BU-Rente ist hinfällig.
Krankenpflegerin wird zur Krankenschwester
Im vorliegenden Fall musste eine Krankenschwester ihren Beruf in der ambulanten Pflege aufgeben. Sie hatte bisher 40 Stunden in der Woche in der Betreuung von Pflegebedürftigen gearbeitet. Die Aufgabe übte sie stationär und ambulant aus. Das durchschnittliche Einkommen belief sich auf 1.359,31 Euro brutto im Monat. Nach mehreren Bandscheibenvorfällen wurde sie berufsunfähig. Die Berufsunfähigkeit wurde vom Versicherer akzeptiert, die BU-Rente wurde gezahlt (https://www.xn--berufsunfhigkeitsversicherungen-testsieger-esd.de/berufsunfaehigkeitsversicherung-auszahlung/). Nach einiger Zeit nahm sie eine neue Beschäftigung als Krankenschwester an, war dabei aber in beratenden Aufgaben tätig. Dabei arbeitete sie 30 Stunden in der Woche, das Einkommen sank auf 1.050 Euro brutto im Monat. Der Versicherer stoppte daraufhin die Zahlung der BU-Rente. Er argumentierte damit, dass die Krankenschwester nicht mehr als berufsunfähig zu betrachten sei, da ihre neue Aufgabe die bisherige Lebensstellung sichert. Der Bundesgerichtshof befand nun, dass die BU-Rente weiter gezahlt werden muss (Az. IV ZR 434/15).
Versicherer ohne Nachweis der gleichen Lebensstellung
Zur Begründung führten die Richter an, dass der Versicherer den Nachweis nicht bringen konnte, dass die neue Tätigkeit dazu geeignet sei, die bisherige Lebensstellung der Versicherten zu erhalten. Damit würde die Voraussetzung für die Berufsunfähigkeit entfallen. Allerdings blieb die Gesellschaft diesen Beleg schuldig. Der Versicherer führte aus, dass die Klägerin mehr Freizeit habe, da sie nur noch 30 Stunden in der Woche arbeiten müsse. Auch seien besondere Belastungen durch Nacht- und Wochenendarbeit entfallen. Die Richter ließen diese Begründung allerdings nicht gelten. Der Einkommensverlust sei dadurch nicht auszugleichen, befanden die Juristen. Von der neu gewonnenen Freizeit könne der Unterhalt nicht gezahlt werden, so dass der Klägerin eine erhebliche Einkommenseinbuße und ein Verlust an Lebensqualität drohe. Selbst wenn die Versicherte nur in Teilzeit arbeite, gilt für die Bewertung der Berufsunfähigkeit das tatsächliche Einkommen als maßgeblich. Es sei somit nicht zulässig, den Verdienst aus einer Tätigkeit von 30 Stunden pro Woche auf 40 Stunden zu kalkulieren, um die Frage nach der Vergleichbarkeit der Lebensstellung zu bejahen. Vor allem sei es nicht möglich, ein deutliches Absinken der Vergütung anhand von Prozentzahlen auszudrücken. Vor allem bei einem niedrigen Einkommen seien Einbußen in Höhe von über 20 Prozent nicht akzeptabel.
Positive Konsequenzen für Versicherte
Für viele Versicherte könnten aus dem Gerichtsurteil erfreuliche Folgen entstehen. Letztlich obliegt es nun dem Versicherer zu beweisen, dass ein neuer Beruf dazu geeignet ist, die Lebensstellung in gleicher Qualität zu erhalten. Üblicherweise musste der Versicherte diesen Beweis bisher erbringen. Mit dem neuen BGH-Urteil liegt die Beweislast in Zukunft also beim Versicherer. Für viele Verbraucher heißt das, dass sie eine BU-Rente beziehen könnten, obwohl sie in einem ähnlichen Job arbeiten, der aber trotzdem nicht dazu geeignet ist, die bisherige Lebensstellung abzusichern. Den Beweis dazu muss zukünftig allerdings der Versicherer erbringen, wenn er die Zahlung der BU-Rente einstellen will.