(ots) - Im Fall des Attentäters Anis Amri müssen sich die
Berliner Polizei und die Innenverwaltung des Berliner Senats erneut
eine zweifelhafte Entscheidung, sowie mangelnden Aufklärungswillen
vorwerfen lassen. Grund sind Informationen aus einem behördeninternen
Dokument, das dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und der Berliner
Morgenpost vorliegt. Demnach beobachtete die Berliner Polizei den als
Gefährder eingestuften Amri am 9. Juni 2016 in Begleitung der
polizeibekannten und als gewaltbereit geltenden Islamisten Soufiane
A. und Maximilian R. vor der als Dschihadisten-Treff bekannten
Fussilet-Moschee in Moabit. Dennoch wurde die Observation Amris nur
sechs Tage später beendet. Innensenator Andreas Geisel (SPD) und der
Leiter des Landeskriminalamtes, Christian Steiof, hatten die
Beendigung der Maßnahme damit begründet, dass Amri vor allem als
Kleinkrimineller im Dealer-Milieu aufgefallen sei. Diese Begründung
erscheint angesichts der Sichtung vor der Fussilet-Moschee in einem
zweifelhaften Licht, kritisieren Abgeordnete. Ãœber die dem RBB und
der Berliner Morgenpost vorliegenden Erkenntnisse hatten Geisel und
die Polizei bisher weder die Abgeordneten noch die Öffentlichkeit
informiert. Geisel nahm dazu erst am Donnerstag im Abgeordnetenhaus
auf Nachfrage des FDP-Innenpolitikers Marcel Luthe Stellung. Die
Experten seien damals zur Bewertung gekommen, dass von Amri keine
unmittelbare Anschlagsgefahr ausgegangen sei. Der vom Senat
eingesetzte Sonderermittler müsse nun herausfinden, "ob auch aus
damaliger Sicht andere Entscheidungen hätten getroffen werden können
oder müssen", sagte Geisel. Den Vorwurf mangelnder Aufklärung wies er
zurück. Dass es immer wieder neue Erkenntnisse gebe, sei "die
Eigenschaft solcher Untersuchungen". Luthe kritisierte dagegen, dass
die Verwaltung die Abgeordneten nicht von sich aus über die Sichtung
Amris unterrichtet habe. "Die Informationspolitik des Senats ist
unterirdisch", sagte Luthe. "Es wird immer nur eingeräumt, was
offensichtlich und nicht mehr zu leugnen ist."
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