(ots) - Bereits kurz nach Einführung der PKW-Maut strebt
das Bundesfinanzministerium an, die Abgabe je nach gefahrenem
Kilometer zu erheben. Das geht aus einer Stellungnahme des
Bundesrechnungshofes zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen vom 13.
April 2017 hervor, über die der stern berichtet.
Der Rechnungshof zitiert aus einer "Leitungsvorlage" des
Ministeriums. So nennt man Dokumente, mit denen der Finanzminister
oder seine Staatssekretäre selber befasst sind. Darin heißt es, das
Ministerium wolle schon zum 1.Januar2021 erreichen, dass die neu zu
gründende Infrastrukturgesellschaft selber zur Gläubigerin der PKW-
und LKW-Maut werde. "Danach strebt es überdies an, die
Infrastrukturabgabe in eine streckenabhängige Maut umzuwandeln."
Damit würde das den Wählern gegebene Versprechen, kein Autofahrer
werde durch die Maut stärker belastet, schon wenige Jahre nach
Mauteinführung gebrochen. Denn eine streckenabhängige Maut lässt sich
nicht mit der Kfz-Steuer verrechnen.
Der Bundesrechnungshof kritisiert in seiner Stellungnahme die
Geschwindigkeit, mit der das Finanzministerium vorgeht: "Ãœber die
Finanzierung der Infrastrukturgesellschaft sollte erst entschieden
werden, wenn detaillierte Informationen zur Infrastrukturgesellschaft
und deren Finanzbedarf vorliegen."
Aus Sicht der Rechnungsprüfer hätte das schnelle Vorgehen einen
weiteren negativen Effekt für die Bürger: "In Phase 3 fällt nach
Auffassung des Bundesrechnungshofes sowohl auf die LKW-Maut als auch
auf die Infrastrukturabgabe Umsatzsteuer an", schreiben sie. "Phase
3" bezeichnet die Zeit, wenn die Infrastrukturgesellschaft selber
Mautgläubigerin ist. "Bei der LKW-Maut würde dies zu einer
zusätzlichen Belastung der Endverbraucher und bei der
Infrastrukturabgabe zu einer zusätzlichen Belastung der PKW-Besitzer
führen."
Das Fahren auf Autobahnen würde damit um 19 Prozent teurer. Die
Bürger müssten alles in allem rund 1,5 Milliarden Euro Umsatzsteuer
zusätzlich aufbringen. "Die Pläne der Bundesregierung führen nicht zu
mehr Effizienz beim Straßenmanagement, sondern vor allem zu höheren
Renditen für große Unternehmen und zu höheren Kosten für die
Autofahrer", sagte der haushaltspolitische Sprecher von Bündnis
90/Die Grünen Sven-Christian Kindler. "Das ist ein schlechter Deal
für alle Bürger, die auf eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur
angewiesen sind."
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