(ots) - Es hat nun wirklich niemanden mehr überrascht,
dass Horst Seehofer als Ministerpräsident und CSU-Chef über 2018
hinaus in die Verlängerung gehen will. Die Nachricht von Montag ist
dennoch spannend, denn sie sagt viel über den Zustand der CSU im
Frühjahr 2017. Einer Partei, in der der Chef so stark ist, dass auch
der ehrgeizige Kronprinz Markus Söder fürs Erste nicht an Revolte
denkt. Einer Partei, in der trotz all der viel beschworenen
Vier-Augen-Gespräche Seehofer über das eigene Weitermachen quasi im
Alleingang entscheiden konnte - und das auch noch kräftig ermuntert
durch eine ganze Riege früherer CSU-Granden. Einer Partei, in der
Innenminister Joachim Herrmann zwar als Spitzenkandidat für die
Bundestagswahl firmiert, aber Seehofer das eigentliche Gesicht der
CSU bleibt. Es ist allerdings nur eine scheinbar kommode Position.
Seehofer weiß genau, dass die Luft an der CSU-Spitze immer sehr dünn
ist. Rückhalt in der Partei ist einzig an Erfolge geknüpft. Das wird
in der CSU noch brutaler als anderswo durchexerziert. Denn der
Kurswert der CSU steht und fällt mit der absoluten Mehrheit im
Freistaat und einer Regierungsbeteiligung in Berlin. Schwächelt die
Partei im Herbst bei der Bundestagswahl, gerät Seehofers
Ausnahmestellung rasch ins Wackeln. Ein Misserfolg würde ihm
angelastet. Wer das Ruder so stark wie er in der Hand hält, verfügt
nicht nur über viel Macht. Er trägt auch die meiste Verantwortung.
Insofern kann es Söder für den Moment verschmerzen, dass Seehofer in
der CSU die Nummer Eins bleibt. Zu unklar ist, wie die Bundestagswahl
ausgeht. Das Parteiengefüge ist so stark in Bewegung, dass selbst die
Grünen gegen den Abwärtstrend kämpfen und in Umfragen bei sechs bis
sieben Prozent herumkrebsen. Politische Erbhöfe gibt es für die
Parteien nicht. Innenminister Herrmann als Spitzenkandidaten zu
nominieren, ist jedenfalls ein geschickter Schachzug.
Sicherheitspolitik ist Wählern wichtig. Das gilt von der Abwehr von
Terrorgefahren bis zum Schutz vor Einbrüchen. Wenn die CSU bei einer
Regierungsbildung in Berlin im Herbst mitzureden hat, kann sie mit
dem profilierten Herrmann das einflussreiche Innenressort für sich
beanspruchen. In der CSU rechnen allerdings viele damit, dass der
Franke nur in diesem Fall nach Berlin wechselt, ansonsten in Bayern
bleibt. Eine schlechte Nachricht für das Söder-Lager, das Herrmann in
der Bundeshauptstadt schon sicher verräumt hofft. Gedankenspiele
dieser Art sind ein klares Indiz, dass die Nachfolgefrage in der CSU
durch Seehofers Entscheidung nur vertagt ist. Mit der
Amtszeitverlängerung bremst der CSU-Chef den ungeliebten Kronprinzen
aber mittelfristig aus. Kein anderer in der CSU hätte derzeit die
Kraft dazu. Für Seehofer ist es ein gewünschter Zeitgewinn, damit
andere Kandidaten bis zur potenziellen Nachfolge an einem fernen Tag
X an Statur gewinnen. Wer dabei schon jetzt sehr gut im Geschäft ist,
ist der CSU-Vize und Europapolitiker Manfred Weber. Wie Söder ist er
ein versierter Netzwerker, wenn auch auf die leisere Art. Er hat ein
starkes außenpolitisches Profil, ist auf Bundesebene gut unterwegs.
Sein Schwachpunkt ist allein, dass er in Bayern nicht so bekannt wie
der ehrgeizige Finanzminister. Söder arbeitet hart daran, damit die
Konkurrenz auf Distanz bleibt. Er, der einen Wechsel nach Berlin
kategorisch ausgeschlossen hatte, auch weil er zu Recht fürchtete,
auf diesem Weg von Seehofer elegant entsorgt zu werden, wird im
Bundestagswahlkampf einen Marathon an Auftritten absolvieren. Fast
wie ein Spitzenkandidat, auch wenn er in diesem Fall partout keiner
sein will.
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