(ots) - Regierungspolitikern wird regelmäßig der Vorwurf
gemacht, die Dinge schönzureden. Oft genug zu Recht. Ursula von der
Leyen hat das nicht getan. Nach einer kurzen Phase des Schweigens
sprach die Verteidigungsministerin über ein Haltungsproblem, über
Führungsschwäche und falsch verstandenen Korpsgeist in der
Bundeswehr. Aber da brach die Empörungswelle erst richtig los. Ja,
was denn nun? Nicht von der Leyens kritische, später übrigens auch
selbstkritische Worte, sind doch der eigentliche Skandal, sondern
üble Schikane und das dubiose Doppelleben eines terrorverdächtigen
Offiziers als Flüchtling bis hin zu einem mutmaßlich rechtsextremen
Netz in der Bundeswehr. Was ist da eigentlich los? Viele reden jetzt
von bedauerlichen Einzelfällen. Man kann das so sehen. Auch die
Tatsache, dass der Militärische Abschirmdienst (MAD) derzeit 280
Fälle von Rechtsextremismus auf dem Tisch hat, mag sich relativieren.
Schließlich besteht die Bundeswehr insgesamt aus 180 000 Soldaten.
Wer das so sieht, der macht es sich allerdings zu einfach. Denn nur
von Einzelfällen zu reden, birgt auch die Gefahr, die Missstände zu
verharmlosen. Fest steht jedenfalls, dass sich die Einzelfälle
häufen. Von der Leyen hat schnell gemerkt, dass ein Pauschalverriss
der Truppe mehr Schaden als Nutzen anrichten kann. Vielerorts
herrscht Personalmangel, und die Ausrüstung ist oft auch mehr
schlecht als recht. Gepaart mit der Philippika der Ministerin sind
das nicht gerade motivierende Umstände für die Soldaten. Im Kern muss
die Verteidigungsministerin gleichwohl nichts zurücknehmen. So
unterschiedlich die Einzelfälle auch gelagert sind, so steckt
dahinter doch offenbar ein besorgniserregendes Muster:
Unregelmäßigkeiten und Verfehlungen aller Art werden in der
Bundeswehr entweder stillschweigend geduldet oder schlicht vertuscht.
Das belegt auch der aktuelle Fall: Bereits vor vier Jahren hatte der
terrorverdächtige Oberleutnant eine Masterarbeit verfasst, die seine
völkische und rechtsextreme Gesinnung offenbarte. Doch Konsequenzen
blieben aus. Warum? Hat sein Umfeld nichts gemerkt oder wollte es
nichts merken? Nun ließe sich einwenden, auch die Bundeswehr sei nur
ein Spiegelbild der Gesellschaft. Und da gebe es eben auch einen
braunen Bodensatz. Mittlerweile ist die Truppe jedoch eine
Freiwilligenarmee. Gerade für Rechtsextreme kann die Bundeswehr eine
besondere Anziehungskraft ausüben. Denn es gibt dort Waffen,
Kameradschaft und klare Befehlsketten. Umso wichtiger ist es, endlich
genauer hinzuschauen. Die Verteidigungsministerin hat schonungslose
Aufklärung versprochen. Das ist ganz im Interesse der übergroßen
Mehrheit der Soldaten, die für die demokratischen Grundwerte des
Landes einstehen. Und natürlich auch in ihrem eigenen. Nach der
weitestgehend berechtigten Kritik muss von der Leyen alsbald liefern.
Sonst wird es eng für sie.
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