(ots) - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU)
hat eigene Versäumnisse bei der Aufklärung rechtsextremer Tendenzen
in der Bundeswehr eingeräumt. "Ich werfe mir selber vor, nicht früher
und tiefer gegraben zu haben", sagte sie in einem Interview mit dem
stern. "Heute weiß ich, das war ein Fehler." Einen Rücktritt schloss
sie allerdings aus. "Ich bin jetzt gefordert, in aller Härte
aufzuklären", sagte von der Leyen. Sie trage Gesamtverantwortung für
die Bundeswehr und scheue diese Verantwortung nicht. "Sie können mir
ankreiden, nicht früher und energischer eingegriffen zu haben", sagte
sie im stern. "Das kreide ich mir selbst auch an." Aber einen Fall
wie Franco A. habe sie sich nicht ausmalen können. "Das überstieg
meine Fantasie."
Franco A., ein terrorverdächtiger, rechtsextremer
Bundeswehroffizier, der sich eine zweie Identität als syrischer
Flüchtling aufgebaut hatte, wird von der Bundesanwaltschaft
verdächtigt, zusammen mit Gesinnungsgenossen Anschläge auf Politiker
und andere Personen geplant zu haben. Am Dienstag ist in dem
Zusammenhang ein weiterer Bundeswehroffizier festgenommen worden. Dem
Soldaten Maximilian T. wird vorgeworfen, mit Oberleutnant Franco A.
und einem weiteren Komplizen die Anschläge gemeinsam geplant zu
haben. Die Verteidigungsministerin sagte im stern-Interview, der Fall
mache sie "fassungslos".
Niemand, vom General bis zum Rekruten, dürfe jetzt zur
Tagesordnung übergehen. Die Bundeswehr müsse sich einem
"systematischen, sehr schmerzhaften Prozess der Aufklärung und
Aufarbeitung" stellen. Sie müsse "in den Bereichen Ausbildung und
demokratische Erziehung, Traditionsverständnis sowie Einhaltung
unserer Werte und Regeln besser werden - bis in die letzten
Verästelungen der Truppe hinein". Von der Leyen wolle vor allem die
"Verhaltensmuster" offen legen, die hinter den "empörenden Fällen"
liegen, vom Rechtsextremismus über Schikane in der Ausbildung bis hin
zur sexuellen Herabwürdigung von Soldaten: "Welche Ursachen gibt es
dafür? Warum konnte das zum Teil über Jahre geschehen? Warum ist das
nicht gemeldet worden?" Es habe in dem Zusammenhang ein "schweres
Führungsversagen" gegeben. "Es wurde weggeduckt und verharmlost."
Gleichzeitig wies die Ministerin den Vorwurf zurück, die
Bundeswehr habe ein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus.
"Nein, sie ist keine rechte Truppe", sagte sie. Von der Leyen
attestierte der Bundeswehr in der "übergroßen Mehrheit" tagtäglich
"anständig und tadellos" ihren Dienst zu verrichten. Jeden Tag würden
auch Dutzende kleinere und größere Vergehen durch Vorgesetzte korrekt
geahndet. "Deswegen tut es mir auch leid", sagte von der Leyen, "dass
ich diese Botschaft vor meiner Kritik am Rechtsextremismus nicht
ebenso deutlich formuliert habe."
Diese Vorabmeldung ist nur mit der Quellenangabe stern zur
Veröffentlichung frei.
Pressekontakt:
Sabine Grüngreiff, Gruner + Jahr Unternehmenskommunikation,
Telefon 040 - 3703 2468, gruengreiff.sabine(at)guj.de
Original-Content von: Gruner+Jahr, STERN, übermittelt durch news aktuell