(ots) - Das Wappentier der Republikaner in den Vereinigten
Staaten ist ein Elefant. Und schon vor Donald Trumps erster
Auslandsreise fragten sich viele, ob er sich wohl als solcher
aufführen würde, wenn er zum Antrittsbesuch nach Europa kommt. Schon
der Besuch am Morgen bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker
und Ratspräsident Donald Tusk war ein Indiz dafür, dass Trump anders
als sein Vorgänger einigermaßen rücksichtslos über alles und jeden
hinwegtrampeln würde, der sich ihm in den Weg stellt. Das Prinzip
"America First" hat der neue Präsident der Vereinigten Staaten nicht
nur als schnittigen Wahlkampfslogan verwendet - er will es
tatsächlich umsetzen, koste es, was es wolle. Umso erstaunlicher ist
es, dass sich die Europäer nicht mutiger zeigten gegenüber diesem
Mann, der der mächtigste der Welt sein mag, aber als früherer
Unternehmer keine Ahnung von Diplomatie hat. Diese Kombination ist
zumindest riskant. Während die EU-Vertreter sich schon im Vorhinein
im Klaren darüber gewesen sein dürften, dass Handelsprojekte wie TTIP
unter dem neuen Präsidenten nicht nur in weite Ferne, sondern
jenseits des Möglichen gerückt sein dürften, hatten sie wohl
zumindest gehofft, den Rückhalt der USA für dieses Europa zu
gewinnen. Die besondere Beziehung zu den Vereinigten Staaten will die
EU nicht aufgeben - waren die Amerikaner doch einst jene, die mit dem
Marshallplan den Wiederaufbau des zerstörten Kontinents nach dem
Zweiten Weltkrieg möglich machten. Doch Trump sieht diese Stärke, die
die EU auch durch bisherige Handelsabkommen gewonnen hat, als Gefahr
für sein eigenes Land. Dass in den Staaten mehr Mercedes fahren als
auf europäischen Straßen Chevrolets, ist eine einfache Rechnung, die
nicht zugunsten der USA ausfällt. Doch die starke Handelsposition
gerade des Exportlandes Deutschland wird Trump mit Einfuhrzöllen
nicht stoppen können. Nicht umsonst investiert die EU bereits seit
Monaten in verstärkte Handelsbeziehungen mit jenen, die Trump mit der
Aufkündigung der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) vor den Kopf
gestoßen hat. Ein entsprechendes Abkommen mit Japan ist bereits weit
gediehen und selbst mit China, das die EU derzeit mit scharfen
Antidumping-Maßnahmen belegt, sollen die Handelsbeziehungen
intensiviert werden. Mag sein, dass Trump die EU nicht braucht, um
die Wirtschaft seines Landes wieder anzukurbeln - aber mit seinem
Abschottungskurs von anderen Ländern wie Mexiko, ein weiterer
künftiger Partner der EU für den Warenaustausch, wird er langfristig
scheitern. Europa muss mit diesem Präsidenten umgehen lernen. Bei den
Nato-Partnern erreichte Trump mehr, als man ihm vorab zugetraut
hätte. Doch als Vertreter des mächtigsten Bündnispartners blieb den
übrigen Mitgliedern kaum etwas anders übrig, als dem Druck des
Präsidenten nachzugeben und sich an das Zwei-Prozent-Ziel
heranzuarbeiten, was die Ausgaben für die gemeinsame
Verteidigungsstruktur betrifft. Das ist zwar nicht neu, doch mit den
Fortschrittsberichten hat der Präsident einen Trumpf in der Hand,
wenn diese nicht zu seiner Zufriedenheit ausfallen. Auch deshalb
waren die Allianzpartner erpicht, dem großspurigen Unternehmer, als
der Trump in seinem neuen Amt auftritt, entgegenzukommen. Dass die
Nato bereits vor Beginn des Spitzentreffens signalisiert hat, der
Anti-Daesch-Koalition beitreten zu wollen, gehört zur Strategie. Die
Hoffnung, dass Trump im Gegenzug die durch Artikel 5 festgelegten
Verpflichtungen im Bündnisfall respektiert und sich öffentlich dazu
bekennt, erwies sich als Irrtum. Zwar ist der US-Präsident von seiner
Wahlkampf-Parole, das Bündnis sei "obsolet", abgerückt. Doch er
gefällt sich zu sehr in der Rolle des mächtigen Mannes, der die
anderen in der Hand hat. Lieber bestimmt er die Spielregeln und lässt
andere nach seiner Pfeife tanzen. Die EU und auch die Nato müssen
ihre Rollen in diesem neuen Spiel erst noch finden, wie es scheint.
Die Begegnung war ein erstes Abtasten, was möglich ist. Besänftigen
lässt sich der so oft polternde Präsident durch Außenstehende wohl
kaum: Schon in den eigenen Reihen werden unliebsame Widerständler
schlicht aus ihren Ämtern enthoben - und sei es der FBI-Chef
persönlich. Was Europa nun braucht, ist eine Strategie, wie man Trump
notwendige Dinge wie die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens als
seine eigene Idee verkaufen kann. Denn eines scheint inzwischen doch
überdeutlich zu sein: Der Mann, der von sich glaubt, er habe den
Brexit vorausgesehen, tut nur das, was ihm gefällt.
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