(ots) - Henry Kissinger wird die Äußerung zugeschrieben, er
wisse nicht, wen er anrufen soll, wenn er Europa sprechen wolle. Zwar
bestreitet der ehemalige US-Außenminister, dass dieser Satz aus
seinem Munde stammt. Aber er trifft den Kern: Die EU ist für die USA
wirtschaftlich nützlich, ein ernst zu nehmender politischer Partner
aber nicht. Daraus machte Donald Trump bei den EU-Spitzen, die um
Gegenliebe des Präsidenten buhlten, keinen Hehl. Die Europäer selbst
haben für diesen Zustand gesorgt. Nicht, weil sie keine gemeinsame
Außenpolitik hätten. Denn das stimmt so nicht - gerade bei der,
zunehmend militärischen, Absicherung wirtschaftlicher Interessen ist
man schon einig. Es ist die jahrelange, meist kritiklose Gefolgschaft
gegenüber den USA, die den Europäern auf die Füße fällt. Die engen
Wirtschaftsbeziehungen nach Ãœbersee sind mit Stillhalten in
politischen Fragen erkauft. Bushs »Antiterrorfeldzug«? Schweigend
oder aktiv unterstützt. Obamas Drohnenkrieg? Keine Einwände. Trumps
Kampagne gegen Muslime? Kaum eine Reaktion aus Brüssel. Sich in die
europäische Schmollecke zurückzuziehen, ist jedoch kein Ausweg. Denn
die EU könnte durchaus Trumps Politik beeinflussen. Die
wirtschaftliche Macht dazu hat sie. Was den Europäern im
transatlantischen Verhältnis fehlt, ist das Bestehen auf den viel
beschworenen europäischen Werten und Selbstbewusstsein. Dass
Letzteres keine Mangelware ist, sieht man an den Drohgebärden in den
Brexit-Verhandlungen.
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