(ots) - Diplomatie kann nur zum Erfolg führen, wenn die
andere Seite überhaupt Interesse an einem Kompromiss hat. Im Fall des
Bundeswehr-Stützpunkts Incirlik ist dies offenbar nicht so. Der
Besuch von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel am Montag in Ankara war
ein letzter Versuch, die türkische Regierung doch noch zum Einlenken
zu bewegen. Doch Gabriels Kollege Mevlüt Cavusoglu bleibt hart: Er
weigert sich, deutschen Abgeordneten das Besuchsrecht auf der
Luftwaffenbasis zu garantieren. Die Reaktion der Bundesregierung ist
in diesem Fall wirklich alternativlos: Regierung und Parlament können
nicht einfach zusehen, wie deutsche Soldaten zum Spielball einer
fremden und mittlerweile unberechenbaren Regierung werden. Die
Inhaftierung des Journalisten Deniz Yücel und der Übersetzerin Mesale
Tolu Corlu, absurde Nazi-Vorwürfe gegen Angela Merkel,
Auftrittsverbote für türkische Politiker im Vorfeld des
Verfassungs-referendums, Tayyip Erdogans strammer Kurs in Richtung
Diktatur - das traditionell gute Verhältnis zwischen Deutschland und
der Türkei war immer wieder Belastungen ausgesetzt. Das Aus für den
Standort verdeutlicht, dass die Bundesregierung keine Hoffnung mehr
hat, die Türkei könnte in absehbarer Zeit wieder zu halbwegs
demokratischen Zuständen zurückkehren. Mit dem Streit um Incirlik
haben die Dissonanzen einen Tiefpunkt erreicht. Schade, denn
eigentlich brauchen beide Seiten einander: Einerseits ist Deutschland
für die Türkei der wichtigste Handelspartner, andererseits ist das
Land am Bosporus als südöstlicher Flankenschutz der Nato nicht zu
ersetzen.
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