(ots) - Das ist ein guter, das ist ein wichtiger Tag für
viele schwule und lesbische Paare: Endlich dürfen sie sich nicht nur
»verpartnern«, sondern sie dürfen heiraten. Der Unterschied mag klein
erscheinen, doch ist er von immenser symbolischer Bedeutung. Für
diese Gleichstellung haben Homosexuelle lange gekämpft - mit großem
Einsatz und gegen alle Widerstände. Respekt allein dafür!
Ihr Kampf - immer auch ein Kampf um Anerkennung und eine
würdevolle Behandlung - hat sich gelohnt. Auch wenn der Erfolg jetzt
vollkommen überraschend und unter unwürdigen politischen
Begleiterscheinungen zustande kam.
Doch ist es nun auch ein guter Tag für unsere Gesellschaft? Ich
sage: Ja. Die Zeit war reif für diese Entscheidung, die keine
Realität setzt, sondern vielmehr die Realität abbildet. Die Mehrheit
der Bevölkerung ist längst so weit. Und womöglich sollten all jene,
die Zweifel haben oder der Ehe für homosexuelle Paare ablehnend
gegenüber stehen, den Blick stärker auf das Verbindende richten:
Gerade für Konservative kann es ein ermutigendes Zeichen sein, wenn
Menschen das Institut der Ehe so wichtig ist.
So richtig der Beschluss ist, so problematisch bleibt der Begriff
»Ehe für alle«. Ich lehne ihn ab, denn »alle« - das könnten auch
Geschwister sein. Und »alle« - warum soll das nur zwei und nicht
mehrere Personen umfassen? Eine »Ehe für alle« in diesem Sinne darf
es nicht geben. Politik handelte unverantwortlich, wenn sie nicht
danach fragen und Haltelinien markieren würde. Wer aber schon die
Fragesteller diffamiert, der erweist weder den Homosexuellen noch der
Kultur unseres Landes einen Dienst. Die Keule der »Homophobie« trifft
nicht selten die Falschen.
Der guten Sache zum Trotz hat Angela Merkel in dieser Woche eine
fragwürdige Figur abgegeben. Eine CDU-Kanzlerin, die sich im
Talkshow-Format einer Frauenzeitschrift verplappert und so einen
gültigen Parteitagsbeschluss und den Koalitionsvertrag gleich mit
pulverisiert. Wer soll das denn bitte glauben? Merkel hat schlicht
nicht mit der Reaktionsschnelligkeit ihres Noch-Koalitionspartners
gerechnet und saß in der Falle. Nicht viel besser: eine SPD, die im
Wahlkampfmodus etwas tut, was sie die vergangenen vier Jahre hätte
tun können, aber nie zu tun wagte. Kaltes Kalkül allerorten, der
ellenlangen Verschleppung folgt eine Politik im Schweinsgalopp.
Schade, dieses Thema hätte mehr Ernsthaftigkeit verdient gehabt. Das
aber müssen die Verantwortlichen jetzt mit ihrem Gewissen ausmachen.
Dennoch: Die Ehe zwischen Mann und Frau wird allein durch die Ehe
für homosexuelle Paare keine Entwertung erfahren. Erstere bleibt die
einzige Verbindung zweier Menschen, aus der auf natürliche Weise
neues Leben hervorgehen kann. Ein Verzicht auf Diskriminierung ist
etwas anderes als ein Verbot von Differenzierung. Gleichstellung ist
etwas anderes als Gleichmacherei, vor der man nur warnen kann. Zum
Fortbestand unserer Gesellschaft ist aber nicht nur die Zeugung von
Kindern, sondern auch ihre liebevolle Erziehung und ihre Begleitung
in ein hoffentlich selbstbestimmtes, freies Leben notwendig. Dabei
können heterosexuelle Paare so scheitern, wie homosexuelle Paare
erfolgreich sein können - und umgekehrt natürlich.
Rechtlich bleiben die Folgen der Ehe für homosexuelle Paare
überschaubar. Die gemeinsame Adoption von Kindern wird ihnen nun
ermöglicht. Ansonsten waren schon die eingetragenen
Lebenspartnerschaften der Ehe angeglichen. Einer möglichen
Überprüfung durch das Verfassungsgericht sollte das Gesetz also
standhalten.
Hält aber auch unser alltäglicher Umgang mit Homosexuellen einer
kritischen Betrachtung stand? Wohl kaum. Solange Bezeichnungen wie
»Du schwule Sau« zum Standard-Repertoire auf Schulhöfen und
Sportplätzen gehören, ist nichts, wie es sein sollte. Respekt vor
sowie Achtung und Toleranz gegenüber unserem Nächsten entstehen eben
leider nicht allein auf Beschluss des Deutschen Bundestages.
Respekt, Achtung und Toleranz gehen uns alle an - und sie müssen
von uns allen ausgehen. Immer wieder neu!
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