(ots) - Noch einmal eine Große Koalition? Um Gottes
willen, nein. So versichern es zumindest die Spitzen von CDU und CSU
sowie der jetzige Juniorpartner in der Berliner Koalition, die SPD.
Doch legt man das nun gestern vorgestellte Unions-Regierungsprogramm
über jenes der SPD, dann fallen doch zahlreiche Ähnlichkeiten, bis
hin zu völligen Übereinstimmungen, auf. Etwa Entlastungen bei der
Einkommenssteuer, die Förderung von Familien mit Kindern, Zuschüsse
fürs private Bauen, die Abschaffung des ungeliebten Soli bis hin zu
mehr Polizisten. Hier stimmt man sogar in der Zahl von 15 000
zusätzlichen Uniformierten für mehr innere Sicherheit exakt überein.
So viele Ähnlichkeiten in den Regierungsprogrammen von Union und SPD
sind nicht zufällig. Beide Lager zielen mit ihren Vorschläge auf die
Wähler und Wählerinnen in jener imaginären Mitte der Gesellschaft.
Hier sollen die Wahlen entschieden werden. Aber keiner weiß so genau,
wo das eigentlich ist. Das Unions-Wahlprogramm jedenfalls liest sich
in weiten Teilen wie ein Fahrplan zur Fortsetzung der Großen
Koalition in Berlin. Und zieht man den SPD-Vorhaben einige Zähne,
scheint deren Programm weitgehend kompatibel mit dem der Union. Die
nächste Groko, die eigentlich keiner will, die nicht gut ist für die
Demokratie, die Politikverdrossenheit schürt und nur die Ränder stark
macht, könnte am Ende des Tages die pragmatische Alternative sein zu
wackligen Dreierbündnissen, zu Jamaika, zu Rot-Rot-Grün. Keine
Experimente, hatten einst Konrad Adenauer und Jahrzehnte später
Helmut Kohl vor Regierungen mit SPD-Beteiligung gewarnt sowie mit
harten Bandagen gegen die politische Konkurrenz gekämpft. Heute geht
die Union gleichsam mit einem glatt gelutschten, braven Slogan in den
Wahlkampf, der auch Titel eines Kinderbuches sein könnte: Für ein
Deutschland, in dem wir gut und gerne leben. Donnerwetter! Auch Pippi
Langstrumpf malt sich die Welt, wie sie ihr gefällt. Probleme, welche
Probleme? Deutschland steht prächtig da, erklärt Horst Seehofer und
wischt damit gleichsam Einwände, Zweifel, Fragen vom Tisch. CDU und
CSU ziehen mit einem Wohlfühl-Programm für - beinahe - alle in den
Wahlkampf. Zudem ist das Programm an einigen Stellen ziemlich vage.
So soll die Vollbeschäftigung beziehungsweise die Halbierung der
derzeitigen Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2025 erreicht werden.
Abgesehen davon, dass wirtschaftliche Prosperität und hohe
Beschäftigung niemals alleine von der Politik zu bewerkstelligen
sind, bleibt unklar, was man in der nächsten Wahlperiode bis 2021
schaffen will. Oder hat Angela Merkel mit dieser Zielmarke den
Zeitrahmen ihrer Kanzlerschaft abgesteckt? Sie wird es vermutlich
selbst nicht wissen. Und in der Rentenpolitik kneift die Union sogar
völlig. Während sich viele Menschen wegen der langsam um sich
greifenden Altersarmut Sorgen machen, schiebt die Union das brisante
Thema auf die lange Bank, sprich eine Kommission. Aber natürlich hat
die einstige Physikerin Angela Merkel auch jene Prozesse im Auge, die
weniger Schlagzeilen machen, aber dennoch entscheidend für die
Zukunft der Gesellschaft, für das künftiger Zusammenleben, für die
Wirtschaft sein können. Der Digitalisierung soll sich künftig ein
Staatsminister im Kanzleramt widmen, was nicht nur als eine Kritik am
bisherigen Minister für digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt,
zu verstehen ist. Der Forschung und Entwicklung, der Infrastruktur,
der Bildung widmen die Unionsparteien ebenfalls große Aufmerksamkeit.
Die anderen Bundestagsparteien allerdings auch. Gut so.
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