(ots) - Keine Ehre, eine Schande
Obwohl außer den vier Teilnehmern und zwei Übersetzern niemand
weiß, was hinter verschlossenen Türen genau vor sich ging, gilt eines
als sicher. Das erste Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir
Putin macht Geschichte. Und das nicht nur, weil es mehr als doppelt
so lange dauerte wie ursprünglich geplant. Entweder markiert es den
Beginn eines unheiligen Pakts, der den Westen spaltet, die
multilaterale Nachkriegsordnung infrage stellt und demokratische
Prinzipien unterminiert. Oder das Ende eines kurzen Flirts, der mit
der Einmischung Russlands zugunsten Donald Trumps begann, aber nicht
für eine nachhaltige Partnerschaft reichte. Vielleicht auch irgendwas
dazwischen. Der angestrebte Waffenstillstand in Syrien ist wegen der
Beteiligung Jordaniens das einzige Ergebnis, das sich unabhängig
bestätigen lässt. Ansonsten liegt die Definitionsgewalt über dem, was
bei dem Privatissime passierte, allein bei dem ehemaligen KGB-Chef
und seinem langjährigen Außenminister Sergej Lawrow sowie dem Novizen
im Weißen Haus und Amerikas Chefdiplomaten Rex Tillerson. Es spricht
Bände, dass Trump weder seinen Nationalen Sicherheitsberater H.R.
McMaster noch seine Russland-Beraterin Fiona Hill bei dem
vertraulichen Gespräch unter acht Augen dabei haben wollte. Beide
gelten nämlich als ausgewiesene Kritiker des Kreml. Im Unterschied zu
Tillerson, dem Putin persönlich schon den russischen
Freundschaftsorden angeheftet hatte. Vor dem Hintergrund der mit
"hoher Gewissheit" von den US-Geheimdiensten festgestellten
Einmischung Moskaus in die Präsidentschaftswahlen und den
strafrechtlichen Ermittlungen wegen möglicher Verschwörung mit den
Russen gibt es jeden Grund, das Schlimmste zu befürchten. Den
Verlautbarungen über die Begegnung muss jedenfalls mit allergrößter
Skepsis begegnet werden. Wladimir Putin steht schon jetzt als großer
Gewinner des Treffens fest. Trump beförderte ihn aus dem Rang des
Präsidenten einer Regionalmacht zu einem ebenbürtigen Spieler auf der
globalen Bühne. Und er betreibt schon jetzt Moskaus Geschäft, das die
Europäische Union spalten und die NATO schwächen will. Dieses Treffen
in Hamburg war keine Ehre, sondern eher eine Schande für einen
US-Präsidenten, der sich damit endgültig als Führer der freien Welt
verabschiedete. Der kumpelhafte Schlag auf Putins Schulter lässt
befürchten, dass Trump nicht erst jetzt einen neuen Freund gefunden
hat.
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