(ots) - Der Tonfall in der politischen Sphäre Polens ist
oft schriller, grundsätzlicher, manchmal auch pathetischer als
diesseits von Oder und Neiße. Die Bezeichnung »Putsch« als das, was
seit Mittwoch im Sejm geschieht, scheint aber treffend. Nicht jeder
Staatsstreich kommt mit Streitkräften daher, er kann auch im
Parlament statt mit Panzern vorangetrieben werden. Mit ungeheurem
Tempo und Radikalität peitschte die PiS Gesetzesvorhaben durch, die
nicht weniger als das Ende der unabhängigen Justiz bedeuten können.
Opposition im Inland und europäische Beobachter können nur zuschauen,
wie aus der polnischen Demokratie eine Demokratiesimulation oder eine
leere Hülle wird: Formal bleiben Institutionen bestehen, gibt es
weiterhin ein Parlament, auch Gerichte, Prozesse und Urteile. Aber
nach und nach werden sie von rechtsstaatlichen Prinzipien entkernt:
Elementare rechtsstaatliche Prinzipien wie die Gewaltenteilung oder
auch ein Minderheitenschutz werden geschleift. Die EU hat außer
Ermahnungen nach Warschau bisher keine wirklichen Mittel, um den Weg
in den Autoritarismus zu stoppen. Das ist selbst verschuldet. Und
gallig wird es, wenn EVP-Fraktionschef Manfred Weber von »roten
Linien« spricht, die Polens Rechtsregierung überschreitet. Die PiS
kann jede Linie überschreiten - Sanktionen wird einer immer
verhindern: Viktor Orbán. Dessen autoritärem Staatsumbau hat die EU
zugeschaut. Orbán ist einer der Vizepräsidenten der EVP.
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