(ots) - Ernsthaft kann nach dem Sonntag keiner mehr
behaupten, dass bei der Bundestagswahl im September alle irgendwie ja
doch dasselbe wollen. Falsch. Zwischen den beiden, die um das
Kanzleramt wetteifern, Angela Merkel und Martin Schulz, gibt es
Unterschiede. Das ist deutlich geworden. Politisch und persönlich.
"Alternativlos", um ein Wort der Kanzlerin zu verwenden, und damit
langweilig wird es in diesem Wahlkampf nicht zugehen. Martin Schulz
lässt nicht locker. Gänzlich aufgegeben hat sich der
SPD-Kanzlerkandidat noch nicht. Obwohl er allen Grund dazu hätte: Die
Umfragen verharren im Keller, das hat Schulz merklich verunsichert
und ihn bissiger werden lassen. Die vielstimmige SPD erweckt zugleich
auch nur noch bedingt den Eindruck, als ob sie ums Kanzleramt kämpfen
würde. Schulz ist überdies kein Schröder, der 2005 ähnlich schlecht
dastand und am Ende wie ein Berserker stritt, um schließlich 15
Prozentpunkte zu Angela Merkel aufzuholen. Aus dem Amt des
Bundeskanzlers heraus, was ein entscheidender Vorteil ist. Und
dennoch: Der Kandidat geht den für ihn einzig richtigen Weg. Wo
Angela Merkel und die Union eher vage bleiben oder programmatisch im
Kleinklein verharren, hält Schulz seit Wochen mit mehr oder minder
großen Entwürfen dagegen. Etwa wie am Sonntag mit seinen
Vorstellungen "für ein modernes und gerechtes Deutschland". Darin
enthalten ein Aktionsprogramm für gleichwertige Lebensverhältnisse,
eine Investitionsverpflichtung für den Staat oder eine nationale
Bildungsallianz, die der SPD-Mann in den ersten 50 Tagen als Kanzler
schmieden will. Das sind klare und weitreichende Ansagen. Schulz will
einiges anders machen. So lautet seine Botschaft. Das muss er als
Herausforderer auch wollen. Vertrackt ist nur, dass er nach jetzigem
Stand damit nicht den Nerv der Wähler treffen wird. Womit Angela
Merkel ins Spiel kommt. Wer die Kanzlerin in diesen Tagen beobachtet,
der kann erleben, wie extrem gelassen sie auftritt, wie virtuos sie
dabei das Bedürfnis eines Großteils der Deutschen bedient, möglichst
wenig möge sich bitteschön verändern. Das Programm der Union ist so
gestrickt, und Merkel selbst zeigt auf internationaler Bühne, dass
sie der Gegenpol zu den breitbeinig nebeneinandersitzenden Putins und
Trumps ist. Auch Merkel geht den für sie richtigen Weg: Sie setzt auf
Konstanz, darauf, dass es dem Land und den meisten Menschen unter
ihrer Regierung bisher gut ergangen ist. Die Republik ist mit ihr als
Lotsin noch durch jede Krise gekommen - Finanzkrise, Eurokrise,
Flüchtlingskrise. Das ist auch wahr. Die Merkelsche Botschaft ist
daher: Zu große und zu viele Veränderungen können nur schädlich sein
und das Erreichte gefährden. Am Ende kommt es darauf an, wer in der
heißen Phase des Wahlkampfes, die erst in ein paar Wochen beginnt, am
besten für sich und sein Modell mobilisiert. Die Alternativen sind
nun jedenfalls klar: Kontinuität gegen Veränderung. Eine schwierige
Entscheidung.
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