(ots) - Die Wahlversprechen zur Bundestagswahl sind
geschnürt. Jetzt gilt es, die Botschaften auch an die Frau und den
Mann zu bringen. Ein harter Job für alle Parteien, die zwei Monate
vor dem Abstimmungstermin an vielen Flecken Bayerns mit mehr oder
minder großem Erfolg das Wahlvolk umzingeln. Der klassische
Werkzeugkasten reicht von Infoständen bis zu Kundgebungen. CSU und
SPD ergänzten das Repertoire am Wochenende um Bürgerfest und
Basecamp, setzten dabei auf höchst gegensätzliche Konzepte: Die CSU
lockte mit Politik plus Entertainment, um den Bayernplan zu verkünden
- das 35-Seiten-Papier, in das von Obergrenze für Flüchtlinge bis zu
bundesweiten Volksabstimmungen auch alles hineingepackt ist, was im
Unionswahlprogramm nicht unterzubringen war. Die SPD bot
Politiklehrstunden mit Denkfabrikcharakter, ließ Wahlslogans erfinden
und Strategien abklopfen. Beides notwendige Versuche, abseits der
üblichen Pfade Wähler zu mobilisieren. Denn Fakt ist: Das Nachdenken
über Politik nimmt im Alltag der Wähler einen zu kleinen Stellenwert
ein. Dabei durchdringen die Folgen politischer Entscheidungen doch
alle Lebensbereiche. Wann morgens der Bäcker aufmacht, wie gut die
Straßen in Schuss sind, ob es genügend Kitas gibt oder ausreichend
Plätze in Pflegeheimen, wie teuer das Telefonieren ist, wer heiraten
darf oder Kinder adoptieren: All das ist Ergebnis von Politik,
festgelegt in der eigenen Stadt, in München, Berlin oder Brüssel. Wer
seine Stimmabgabe bei der Bundestagswahl am 24. September ernst nimmt
und nicht politischen Lautsprechern auf den Leim gehen will, sollte
in diesen Wochen zuhören und Zeit investieren. Nur so lässt sich
herausfiltern, welcher politische Kurs am besten zu den eigenen
Vorstellungen passt. Die großen Überschriften in den Wahlprogrammen
ähneln sich auf den ersten Blick. Union wie SPD kündigen steuerliche
Entlastungen für Wähler an. Doch herauszufinden, wer am Ende
profitiert, verlangt genaues Hinsehen. Das gilt auch für das
Themenfeld der sozialen Gerechtigkeit, das sich durch alle
Wahlprogramme webt. Die Spannbreite reicht von gleichen
Bildungschancen bis zur Mütterrente. Es gilt für Wähler abzuwägen,
was ihnen wichtiger ist: In einem Fall vielleicht der Nutzen für
viele, im anderen Fall der ganz persönliche Vorteil. Nicht zu
vergessen ist auch der Realitätscheck: Welche politischen Projekte
sind wünschenswert, aber niemals finanzierbar? Womit lässt sich
passgenau wirklich etwas erreichen? Erst am Ende lässt sich eine
Gesamtbilanz ziehen, die nebenbei das Verständnis für politische
Mechanismen und die Zwänge von Politikern wachsen lässt. Jeden
Kompromiss reflexhaft als "faul" zu titulieren, dürfte sich danach
erübrigt haben. Erfolg oder Misserfolg bei der Bundestagswahl haben
für Politiker in Bayern besondere Auswirkungen. Das Ergebnis
entscheidet nicht allein über den Einfluss in Berlin, sondern auch,
aus welcher Position die CSU und die Landesverbände der anderen
Parteien bei der Landtagswahl 2018 an den Start gehen. Die CSU legt
dabei an ihren Parteichef die höchste Messlatte an. Horst Seehofer
sollte besser mindestens die 49,3 Prozent holen, die seine Partei bei
der Bundestagswahl 2013 eingefahren hat, um den Stand in den eigenen
Reihen zu sichern. Für die neue bayerische SPD-Chefin Natascha Kohnen
liegt die Marke bei 20 Prozent, für die Grünen-Chefs Sigi Hagl und
Eike Hallitzky bei 8,4 Prozent, für FDP-Chef Albert Duin bei 5,1
Prozent. Alles was schlechter ist, lässt den Kurswert der
bajuwarischen Wahlkämpfer sinken. Auch das Geschick bei möglichen
Koalitionsverhandlungen in Berlin fließt in die Bewertung ein. Bei
einer schlechten Bilanz wäre jedenfalls bei der CSU am schnellsten
Feuer unter dem Dach. Beim Parteitag im November steht die Wiederwahl
des Vorsitzenden an. Seehofer weiß das bei jedem Wahlkampfauftritt in
diesen Tagen - ob bei Bürgerfest oder klassischer Kundgebung.
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