PresseKat - Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Venezuela

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Venezuela

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(ots) - In Venezuela geht es nicht mehr um die Frage,
ob das südamerikanische Land auf dem Weg in eine sozialistische
Diktatur ist. Jetzt dreht sich alles darum, ob der Putsch von
Staatschef Nicolás Maduro gegen die eigene Verfassung das letzte Wort
bleibt. Die kurzfristige Antwort lautet: Ja. Auch mittelfristig ist
von der schwachen Opposition kaum eine Wende zurück zu
rechtsstaatlichen Verhältnissen zu erwarten. Und langfristig müssten
China, Russland und die USA an einem Strick ziehen. Ebenfalls
unvorstellbar. Ratlosigkeit erfasst inzwischen selbst die weltweit
letzten Anhänger des so genannten dritten Weges, die glaubten, mit
der 1999 von Hugo Chávez entwickelten bolivarischen Revolution ein
Modell für globale Gerechtigkeit gefunden zu haben. Ein Staatschef,
der ein gewähltes Parlament übergeht und eine handzahme
Anhängerschaft darüber stellt, hat seine Legitimität verspielt. Ein
System, das seit 18 Jahren für Gleichheit und massive Sozialprogramme
antritt, Kriminalität und Korruption aber nicht in den Griff bekommt,
hat leider versagt. Am deutlichsten wird der Staatsdirigismus bloß
gestellt durch die massive Versorgungskrise, leere Staatskassen und
die weltweit höchste Inflation. Denn Venezuela könnte eines der
reichsten und - warum nicht? - glücklichsten Länder auf dem
amerikanischen Kontinent sein. Öl im Überfluss ist da.
Parlamentarische Traditionen gibt es seit mehr als 200 Jahren. Die
Generalstaatsanwältin entlassen, der Opposition mit Gefängnis
gedroht, das Parlament kaltgestellt: Der Putsch von oben ist formal
abgeschlossen. Jetzt beherrschen Militärs die Straße. In der
Anhängerschaft von Maduro geht es nur noch um Revolutionsromantik mit
den immer gleichen Bildern von Nationalheld Simon Bolivar und Hugo
Chávez. Vieles erinnert an Kuba. Doch Maduro und seine Leute sollten
wissen, dass mit Revolutionsromantik und Antiamerikanismus kein Staat




mehr zu machen ist. Im Übrigen spielt US-Präsident Donald Trump in
diesem Drama allenfalls eine Nebenrolle. Sein blindwütiger Protest
ist und bleibt das Grollen eines Dickschädels. Raffinierter, aber
nicht minder infam verhalten sich Moskau und Peking. Sie fahren eine
diskrete Nichteinmischungspolitik. De facto begünstigen sie das Elend
der Venezolaner. Aber gerade weil alle drei genannten Mächte abseits
stehen, muss jetzt die Stunde der Vereinten Nationen schlagen. Trump,
Putin und Co. mögen Diplomatie für das Geschäft von Weicheiern
halten, tatsächlich kann die Lösung nur von außen kommen. Papst
Franziskus, der sich unmissverständlich eingeschaltet hat, kann das
allein nicht schaffen. Eine Koalition der Vernünftigen ist gefragt.



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Datum: 06.08.2017 - 21:30 Uhr
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