PresseKat - Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Partei "Die Linke"

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Partei "Die Linke"

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(ots) - napp zwei Wochen vor der Wahl zum nächsten
Bundestag lohnt sich noch mal der genaue Blick auf die
Sitzverteilung. In der Rückbetrachtung scheinen die vier Jahre Große
Koalition alternativlos gewesen zu sein. Waren sie aber nicht. SPD,
Linke und Grüne haben im Parlament 320 der 630 Sitze. Sie hätten seit
Herbst 2013 Deutschland regieren oder während der Legislaturperiode
die Kanzlerin mit einem konstruktiven Misstrauensvotum stürzen
können. Dass sie beides nicht getan haben, hat vielschichtige Gründe.
In erster Linie die außenpolitische Haltung der Linken zu Europa und
zur Nato. Wer abseitige Positionen fundamental vertritt, der will
offenbar gar nicht regieren. Jedenfalls ist mit dem kein Staat zu
machen. Aus Sicht des linken Lagers ist die rot-rot-grüne Mehrheit im
18. Bundestag eine vergebene Gelegenheit. Vielleicht war diese Chance
sogar historisch einmalig. Jedenfalls wird es eine ähnliche
Konstellation so schnell nicht wieder geben. Ganz sicher nicht vor
2021. Und bis dahin müsste die Linke auf Bundesebene ihre
ideologische Selbstblockade überwinden. Oder die SPD müsste sich
mindestens zwei weitere Schritte nach links bewegen. Das liegt im
Bereich des Möglichen. Vieles hängt an der Frage, was Kanzlerkandidat
Martin Schulz nach dem 24. September macht - und was die SPD mit ihm
macht. Im Moment sieht es zumindest so aus, als könnte sich Schulz
als SPD-Vorsitzender nur halten, wenn es eine weitere Auflage der
Großen Koalition mit ihm als Minister und Vize-Kanzler gäbe. Ob die
SPD-Mitglieder da ein weiteres Mal mitmachen würden, darf
bezweifelt werden. Am Ende hängt es davon ab, ob das SPD-Ergebnis
näher bei 25 oder bei 20 Prozent liegt. Je weniger Prozente, desto
geringer die Bereitschaft zum erneuten Zweckbündnis mit der Union.
Man muss kein Prophet sein: Sollte die SPD ihr schlechtestes




Resultat seit Gründung der Bundesrepublik einfahren, würde
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles mit ziemlicher Sicherheit die
Parteispitze und den Fraktionsvorsitz übernehmen. Als
Oppositionsführerin wäre sie automatisch die SPD-Kanzlerkandidatin
2021. Bis dahin könnten sich die Linken zu einer Machtoption
entwickeln. Sahra Wagenknecht ist schon heute mit ihren Forderungen
(Ende der sachgrundlosen Befristung bei Arbeitsverträgen, Erhöhung
des Mindestlohns, Beschränkung der Leiharbeit, Stabilisierung des
Rentenniveaus) nicht weit von Andrea Nahles entfernt. Natürlich
würden die Linken der SPD in vier Jahren nicht als Koalitionspartner
reichen. Kein Linksbündnis funktioniert ohne die Grünen. Aber wer
weiß: Vielleicht haben Cem Özdemir & Co. im Jahr 2021 schon genug von
einem Jamaika-Bündnis mit Union und FDP.



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Andreas Kolesch
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Datum: 11.09.2017 - 21:30 Uhr
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