(ots) - Wenn 420.000 Muslime nach Bangladesch fliehen,
dann tun sie das nicht aus Daffke. Und wenn die immer noch von
Militärs kontrollierte Regierung des buddhistischen Myanmar
wochenlang die Dinge treiben lässt, ist sie auch verantwortlich für
die ethnischen Säuberungen. Deshalb ist es gut, dass Aung San Suu Kyi
endlich ihr Schweigen gebrochen hat. Leider übte sie nur kaum hörbar
Kritik an den wahren Führern ihres Landes. Die
Friedensnobelpreisträgerin brauchte drei Wochen, um wenigstens
Hoffnung auf etwas Menschlichkeit zu machen. Tatsächlich ist der
Hintergrund für die neueste weltpolitische Krise sehr viel
weiterreichender. Die Bezeichnung Rohingya ist historisch nicht
belegt. Die erst in jüngster Zeit so bezeichnete Volksgruppe im
Nordwesten Myanmars wird seit der Unabhängigkeit Birmas 1948
schikaniert. 20 groß angelegte Militäraktionen hat es seitdem im
Nordwesten gegeben. 1982 wurde den Nicht-buddhisten sogar die
Staatsbürgerschaft aberkannt.
In jüngster Zeit hat die Dauerunterdrückung eine neue Dimension
erreicht. Durch das Auftreten der gut gerüsteten Miliz »Arakan
Rohingya Salvation Army« könnte aus einem schwelenden Konflikt ein
Großbrand werden. Die kleine finanzstarke Rebellengruppe wurde vor
gerade einem Jahr in Saudi Arabien gegründet und in Afghanistan sowie
Pakistan trainiert.
Das wirft Fragen auf. Wer hat ein Interesse daran, einen bislang
unbeachteten Konflikt auf die große Bühne zu zerren? Weshalb zu
diesem Zeitpunkt? Sollen die UN-Vollversammlung und das Treffen der
57 Mitgliedsstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit
(OIC) in New York instrumentalisiert werden?
Dunkle Mächte dürfen auch auf der anderen Seite in Myanmars
politischer Führung vermutet werden. Die Militärs brennen weiter
Dörfer ab, morden und vergewaltigen, während die hilflose Staatsrätin
Aung San Suu Kyi ihre handzahme Rede an die Nation hält. De facto
sagt sie wenig Konkretes, doziert dabei mal abstrakt, mal
uninformiert. Allen Ernstes fragt sie, warum all die Menschen
fliehen. Weiß sie es nicht? Oder paktiert die 72-Jährige jetzt mit
jenen alten Männern in Uniform, die sie 15 Jahre unter Arrest
gestellt haben?
Myanmars scheinbare Lichtgestalt steckt in der Klemme. Sollte die
Lady Komplizin beim Genozid sein, wäre ihre internationale Reputation
ruiniert. Würde sie andererseits die Generäle offen attackieren, wäre
sie nicht einmal mehr als Marionette gefragt. Selbst ihre Popularität
in der mehrheitlich buddhistischen Bevölkerung ginge verloren. Die
kleine aufrechte Frau hat in ihrem politischen Leben mit Zähigkeit
und Verzicht extrem viel erreicht. Jetzt bräuchte sie andere
Qualitäten: Härte und todesmutige Entschlossenheit. Vielleicht
erwarten wir zu viel von ihr.
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