PresseKat - Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bundestagswahl

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bundestagswahl

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(ots) - Seit Wochen heißt es, der Wahlkampf sei
langweilig (was ziemlicher Quatsch ist) und das Rennen um die
Kanzlerschaft entschieden. Demnach, so geht die Rede weiter, steuert
Angela Merkel in ihre vierte Amtszeit - mag sich Martin Schulz von
der SPD auch abstrampeln, so viel er will. Der Haken bloß: Ob's so
kommt, kann keiner vor Sonntagabend verbindlich sagen.

Doch selbst wenn es so käme, muss die CDU nicht auch automatisch
als strahlender Sieger aus dieser Bundestagswahl hervorgehen. Das
weiß die Kanzlerin selbst nur zu gut. Zu ihren größten Sorgen dieser
Tage dürfte deshalb die sich im eigenen Lager breitmachende
Selbstgefälligkeit gehören.

Zurecht, denn in einer parlamentarischen Demokratie kommt es auf
weit mehr an als auf die Frage, wer im Kanzleramt residiert. Auch
wenn es mancher angesichts des allgemeinen Hanges zur übertriebenen
Personalisierung vergessen zu haben scheint: Noch ist dieses Land
eine Republik und keine Monarchie. Oder um es in Abwandlung eines
alten Wahlslogans zu sagen: Es kommt nicht nur auf den Kanzler an!
Selbst im Kanzlerwahlverein CDU. Gewiss steht der Regierungschef
sinnbildlich für die politische Verfasstheit unseres Landes - doch
die Zusammensetzung der Regierungskoalition wie die
Kräfteverhältnisse im Parlament dürfen darüber keinesfalls außer Acht
gelassen werden.

Folglich macht es schon einen erheblichen Unterschied, ob die
CDU/CSU mit 34 Prozent der Stimmen stärkste Fraktion im neuen
Bundestag wird oder mit 40 Prozent - selbst wenn beide Ergebnisse
unter dem Strich zu ein und demselben Regierungsbündnis führen
würden. Anders ausgedrückt: Der bisher nur in Umfragen und nicht im
Wahlergebnis gemessene große Vorsprung der Union vor der SPD könnte
am Ende mehr mit der Schwäche der Sozialdemokraten als mit der Stärke
der CDU/CSU zu tun haben. Käme dann noch eine AfD als klar




drittstärkste Kraft hinzu, ist Katzenjammer in der Union nicht
ausgeschlossen.

Es ist zweifelsohne erstaunlich, wie sich Angela Merkel und die
CDU/CSU aus dem Stimmungstief von vor knapp zwei Jahren
herausgearbeitet haben. Gewiss hat dabei auch geholfen, dass die
Verlässlichkeit, der Erfahrungsschatz im Amt und die Uneitelkeit, die
die ganze Welt mit der Person der Kanzlerin verbindet, durch die Wahl
von Donald Trump zum US-Präsidenten und den Brexit noch einmal
erheblich an Bedeutung gewonnen hat.

Trotz alledem währt die Ruhe in der Union samt dem Stillhalten der
Seehofer-CSU vorerst nur bis zur ersten Hochrechnung. Und da ist über
die möglichen Turbulenzen für die Merkel-CDU bei einer
Regierungsbildung mit mindestens zwei, womöglich aber auch drei
anderen Parteien ganz verschiedener Prägung noch kein einziges Wort
gesprochen.



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Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
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Datum: 21.09.2017 - 21:05 Uhr
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