(ots) - Der Kalender hat es nicht gut gemeint mit
Frank-Walter Steinmeier: Es war gewiss ein Pech, dass der Tag der
Deutschen Einheit nach dem Tag der Bundestagswahl lag. Nun ist die
Ernüchterung groß: Der Bundespräsident mühte sich am 3. Oktober in
Mainz zwar - doch mehr als eine bemühte Rede kam dabei nicht heraus.
Im Ringen um einen unsere Demokratie und den Gemeinschaftssinn der
Deutschen stärkenden Beitrag ist Steinmeier alles andere als ein
großer Wurf gelungen. Leider!
Seine Worte kommen zu spät, weil er zuvor zu lange geschwiegen
hat. Nun könnte man zwar einwenden, dass »der unsichtbare Präsident«
immerhin zum ersten Mal seit langer Zeit überhaupt wieder
öffentlichkeitswirksam in Erscheinung getreten ist. Und dass man doch
alles, was er anlässlich der Einheitsfeierlichkeiten sagte, von
Herzen unterschreiben könne, ja sogar müsse. Stimmt beides, das
Problem aber bleibt: Die politische Realität ist längst über
Steinmeiers Einlassungen hinweggefegt.
So saß der Bundespräsident in der Falle: Eine Kommentierung des
Wahlergebnisses sieht die Aufgabenbeschreibung für den ersten Mann im
Staate nämlich nicht vor. Steinmeier hielt sich an dieses
ungeschriebene Gesetz und musste folglich viel zu oft im Ungefähren
bleiben. Andererseits konnte er die Realität nicht komplett
ausblenden - und die ist nun einmal mit dem 24. September 2017 eine
andere geworden.
Heraus kam eine Rede voller Andeutungen, Verweisen auf drohende
Gefahren für unser Land und beschwörenden Formeln an die Landsleute.
Es war eine Rede zwischen dem Sagen-Wollen und einem (vermeintlichen)
Nicht-Sagen-Dürfen. Eine Rede als Dokument eigentümlicher
Verzagtheit.
Gewiss, als großer Rhetoriker ist Steinmeier schon in seiner Zeit
als Außenminister nicht aufgefallen. Doch nun - im Amt des
Bundespräsidenten - bleibt ihm nichts anderes als das Wort. Und lange
nicht waren wegweisende Worte so notwendig wie jetzt. Erst recht, da
Steinmeier »die Demokratie« vollmundig zum Motto seiner
Präsidentschaft erklärt hatte. Das war ein großes Versprechen, von
dem der Lipper in seiner bisherigen Amtszeit nichts einzulösen
vermochte.
Nein, der Demokratie in Deutschland geht es heute nicht besser als
am Tag seiner Wahl. Der Ton in der Gesellschaft wird zunehmend rauer,
Amtsträger sehen sich offenen Anfeindungen, mitunter sogar Angriffen
ausgesetzt. Grundfeste unseres Zusammenlebens stehen zur Disposition.
Es geht also um etwas in diesen Tagen - und es braucht Politiker, die
den Mut haben, für die Errungenschaften, die dieses Land auszeichnen,
zu kämpfen. Und da sollte der Bundespräsident entschlossen
vorangehen. Er sollte Mahner, Mittler und Mutmacher zugleich sein.
Frank-Walter Steinmeier kann das immer noch werden - bisher ist er es
nicht.
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