(ots) - Früher war alles einfach. Ost und West, zwei
Welten, Kalter Krieg. Die Nato drohte Mitte der 60er Jahre mit 30.000
Atomsprengköpfen, der Warschauer Pakt zog mit bis zu 40.000
Atomwaffen nach. Beide waren in der Lage, nach einem Erstschlag so
weltzerstörend zurückzuschlagen, dass alle vor Angst erstarrten. Die
Overkill-Kapazität, das Gleichgewicht des Schreckens, war furchtbar
stabil.
Und heute: USA und Russland haben ihre Arsenale auf gut und gerne
5000 Sprengköpfe runterverhandelt, aber die inzwischen multipolare
Welt wird von konventionellen Konflikten in großer Zahl erschüttert.
Die Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin drehen längst wieder
an der Rüstungsspirale. Indien und Pakistan sind kaum besser, Israel,
vermutlich Iran und auf jeden Fall Nordkorea sind unberechenbar. Wie
lange Großbritannien, Frankreich und China still halten, weiß kein
Mensch.
Deshalb ist es gut, dass gestern die Internationale Kampagne zur
Abschaffung von Nuklearwaffen (Ican) mit dem Friedensnobelpreis
ausgezeichnet worden ist. Sie hat es verdient, aufs globale Tableau
gehoben zu werden. Die Welt ist unaufmerksam geworden nach dem
Tauwetter und ersten tatsächlichen Abrüstungserfolgen. Eine der
kleinsten Nichtregierungsorganisationen denkt konsequent von der
Opferseite her. Strategische Argumente der Militärs für atomare
Rüstung lässt die Friedenslobby nicht gelten.
Aber können vier hauptamtliche Mitarbeiter in Genf, getragen von
Träumern und Friedensaktivisten in gut 100 Ländern, wirklich etwas
ausrichten? Werden sie je Einfluss erlangen im Raketenschach der
Großmächte und durchgeknallten Spinner vom Typ Kim Jong Un? Wohl
kaum, aber gerade deshalb muss es versucht werden. Tatsächlich ist es
Ican gelungen, den Vereinten Nationen einen Vertrag zum Verbot von
Nuklearwaffen abzuringen. Das im Sommer unterzeichnete Papier
verbietet Herstellung, Besitz, Einsatz und Lagerung von Atomwaffen.
50 Staaten haben unterschrieben. Wenn deren Parlamente zustimmen,
tritt das Abkommen in Kraft.
Die Bundesrepublik Deutschland zieht, wie alle Nato-Länder, nicht
mit, gerät jetzt aber unter Rechtfertigungszwang. Das ist ein Anfang.
Immerhin. Ican bohrt vielleicht die dicksten und härtesten Bretter
dieser Welt. Aber dahinter steckt eine Kraft, die aus starken Ideen
und edlen Motiven rührt.
Alfred Nobels Vermögen und Vermächtnis wurde aus Dynamit
generiert. Wenn es heute zur Problematisierung und hoffentlich auch
zur Reduzierung einer vielfach höheren Vernichtungskraft beiträgt,
dann wäre das geradezu genial. Das norwegische Nobelpreiskomitee
kehrt zu seinen Wurzeln und seiner Kernbestimmung zurück.
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